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Es wird an die schon früher ausgesprochene Annahme erinnert, daß in Basel Handel und Verkehr der Römerzeit sich auch nach der germanischen Eroberung behauptet und in neue Staatsordnungen herüber gerettet haben. Das diesem Ort eigentümliche Leben eines hochwichtigen Transitplatzes machte jederzeit die Anwesenheit von Handwerkern nötig; ihm konnten die im Hofverband einer Herrschaft stehenden und nur für diese arbeitenden Handwerker nicht genügen. Das reichere Treiben des von allen Seiten zu- und durchströmenden Verkehrs verlangte nach Markthandwerkern, die jederzeit vorhanden waren und allen Bedürfnissen gerecht werden konnten. Das städtische Wirtschaftsleben schuf einen städtischen Markt.

Dieser Markt ging mit der gesamten Herrschaftsgewalt an den Bischof über. Der Bischof erscheint seitdem als Marktherr; das Bischofsrecht kennt ihn als solchen; er handhabt Maß und Gewichte.

Die Gewalt des Marktherrn übte der Bischof unmittelbar auch diesen städtischen Handwerkern gegenüber, in Beaufsichtigung der Arbeit wie des Verkaufes. Es war eine Aufsicht, die der gleichfalls vom Bischof geübten Lebensmittelpolizei analog war, im selben Rechte wurzelte, wohl auch durch dieselben Beamten gehandhabt wurde.

Für die Entstehung der Zünfte ist diese Polizei des Marktherrn jedenfalls von Bedeutung gewesen. Hier lagen starke Keime von Organisation und Verwaltung. Aber wir dürfen dabei nicht stehen bleiben. Der Wille der Obrigkeit war nicht die einzige Gewalt. Neben ihr wirkte der Wille der Handwerker selbst, das Einungsstreben, der Drang, der allenthalben Genossen schuf. Wir dürfen nichts Ausschließliches sehen wollen. Denn nicht Prinzipien und juristische Definitionen bilden das Leben; es ruht auf Willkür, Möglichkeiten, freiem Wechsel der Kräfte, und ist überhaupt nicht jedenfalls etwas Rationelles.

Ein Zeugnis der vom Bischof geübten Marktaufsicht ist das Bäckerweistum von 1256. Dieses spricht aus, welche Rechte der Vitztum, der Brotmeister und die städtischen Bäcker gegenseitig haben. Die beiden Erstgenannten sind bischöfliche Beamte, der Vitztum der höhere, übergeordnete; der Brotmeister führt die Aufsicht im Einzelnen, übt die Brotschau, unter Beiziehung von Sachverständigen aus dem Handwerk, hat eine Gerichtsbarkeit bei Streit unter den Bäckern, Müllern und ihren Knechten, außer den Fällen, wo es an blutige Hand geht. Was er nicht schlichten kann, geht an den Vitztum, von diesem an den Bischof selbst. Will ein Bäckerknecht das Gewerbe auf dem Markt selbständig ausüben, so wird seine Tauglichkeit durch den Brotmeister in einer Versammlung

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 98. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/117&oldid=- (Version vom 17.7.2016)