Seite:Wackernagel Geschichte der Stadt Basel Band 1.pdf/137

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

jetzt nach einem großem Raume und gewann diese Vergrößerung gegen Süden, auf dem Boden der wohl gleichfalls vom Brande verwüsteten Stiftsgebäude. Wir kennen den Meister nicht, der den Plan aufstellte. Aber es war die Zeit Heinrichs von Horburg, eines Kirchenfürsten, dessen große und leidenschaftliche Art wir schon kennen gelernt haben. Zum Geiste seiner Regierung paßt auch dieser Bauentwurf mit dem machtvoll breiten Mittelschiffe. Wir wissen auch nichts näheres vom Fortgange des Baues. Bischof Heinrich starb auf der Meerfahrt, und die Zeit seines Nachfolgers Lütold war eine verworrene und bedrängte. Man hatte mit dem Bau des Langhauses begonnen, aber ihn wenig gefördert. Wohl erst mit dem Auftreten Heinrichs von Thun, des Regenten, der die Vögte und Grafen beugte, den Rat der Stadt zur Anerkennung seiner Gewalt zwang, die Rheinbrücke baute, hat auch der Bau des Münsters wieder frisches Leben empfangen. Vielleicht hiefür hat Heinrich den Kirchenschatz an die Juden verpfändet, wenn die Verpfändung nicht schon eine ältere war. Aber er benützte auch die reichen Kräfte, die seine Zeit ihm bot. Um die Mitte der 1220er Jahre war das Langhaus vollendet, und es konnte an den Bau des Querschiffs geschritten werden. Das Münster war des Namens einer Basilica, der ihm damals gelegentlich gegeben wurde, in der Tat wieder würdig. Mit dem Langhause zusammen war wohl der Kreuzgang gebaut worden.

Der Chor hatte während dieser Jahrzehnte des Baus unberührt gestanden, er war das einzige benützbare Kircheninnere gewesen. Die Kreuzpredigt Martins von Päris hatte in ihm stattgefunden, der junge Friedrich II. in ihm gebetet. Wiederholt reden die Urkunden von Dingen, die in diesem Raume geschahen, von der Stiftung eines ewigen Lichtes, von Gelöbnissen vor dem Hochaltar usw. Jetzt kam auch an ihn die Reihe, durch einen Neubau ersetzt zu werden, und bis auf weiteres konnten Langhaus und Querschiff allein als Kirche dienen. Die letzten Jahre Heinrichs und den Episcopat Lütolds von Röteln hindurch scheint der Chorbau gedauert zu haben; am 23. Mai 1250 wird wieder eine Urkunde „im Chore“ datiert.

Es ist nicht zu entscheiden, was unter den Bischöfen Berthold und Heinrich von Neuenburg am Münster geschah, ob namentlich schon unter ihnen der Westbau erneuert wurde. Hiegegen scheint die Erwähnung des porticus im Jahre 1259 zu sprechen (sofern auch jetzt wieder wie im Jahre 1231 hierunter der zwischen der alten Fassade und der provisorischen Langhauswand gelegene Raum zu verstehen ist), und sprechen ferner die allgemeinen Verhältnisse. Heinrich von Neuenburg fand keine Muße zu

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 118. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/137&oldid=- (Version vom 1.8.2018)