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Königs Rudolf und der Seinigen zierten das Anniversarienbuch, und im hohen Chor stand das Grabmal, das die Gebeine der Königin Anna und ihrer Söhne Karl und Hartmann barg, in seiner Nähe der Altar mit den zum Seelenheil dieser erlauchten Toten gestifteten Pfründen zweier Priester, der capellani regine.


Den vollkommenen Gegensatz zum Domstift bildet das Kloster St. Alban. Sein Wesen ist Entrücktsein, Abgewendetsein. Es ist entstanden als wahres Anachoretenkloster in Einöde und Wald. Wenn es vielleicht auch eine durch das Andenken alten Martyriums schon geheiligte Stätte wählte und auch Basel selbst nicht ferne lag, so war doch in dieser grauenvollen Zeit des elften Jahrhunderts ein Wohnungsuchen an dieser Stelle gleich einem Wohnungsuchen in der Wildnis. In Einsamkeit sich zu bergen mochte damals Mancher getrieben sein, der Schlimmes erlebt oder getan hatte; vielleicht haben wir an Derartiges zu denken bei jenem Vorfahr des Grafen Adelbert, dem im Jahre 1096 schon gestorbenen Wolfrad, dem frühesten uns genannten Mönche von St. Alban.

Die Anfangszeiten glichen hier völlig denen des Klosters im Eremus. Die Mönche rodeten den Wald, der ihrem Hause zunächst stand; sie bauten das Feld; sie zogen das Wasser der Birs durch einen Kanal in ihre Nähe, legten hier Mühlen an. Um dieses früheste Centrum von Arbeit und geordnetem Leben sammelten sich Anwohner, und bei der klösterlichen Niederlassung entstand ein Dorf und später eine Vorstadt.

Auf solche Weise bildete sich hier außerhalb Basels eine abgeschlossene Welt. Sie trug sofort einen eigenen Charakter und hielt diesen auch später fest. St. Alban war ein Kloster der kleinen Leute. Wir vernehmen wenig von Beziehungen des Adels oder der reichen Burger zu diesem Gotteshause; auch unter den Prioren begegnen uns keine dieser Herren. Eine Folge hievon mag sein, daß in den Urkunden das Kloster verhältnismäßig selten von sich reden macht. Es lebte weniger nach außen, als im Bereich seiner Grundherrschaft, mit seinen Zinsleuten und Hörigen, und was hier vorfiel kam in keine Urkunden. Aber auch seine besondere Organisation kommt hiebei in Betracht. Von Anbeginn war St. Alban der unmittelbaren Leitung des Abtes von Cluny unterstellt. Es war eine Gründung des cluniacensischen Geistes; dieser Zusammenhang gab nicht allein die Regel für Gesinnung und Leben des Klosters, sondern er bewirkte auch ein Abgewendetsein desselben in die Ferne, nach Cluny, von Basel weg. Seine ganze Geschichte offenbart dies. Nicht daß die einzelnen Beziehungen

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 127. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/146&oldid=- (Version vom 1.8.2018)