Seite:Wackernagel Geschichte der Stadt Basel Band 1.pdf/152

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

der Schultheiß 1/3. Aber geht es an blutige Strafe, so steht der Prior auf und läßt einen Stellvertreter neben dem Schultheiß sitzen. Es ist etwas dem Verfahren beim bischöflichen Vogtsgericht durchaus Analoges; statt des Bischofs der Prior, statt des Vogtes der Schultheiß.

Aber wir sehen, daß von dritter Seite Eingriffe in diese Gerichtsbarkeit zu St. Alban stattfanden. Burchard hatte 1103 dem von ihm gestifteten und ausgestatteten Kloster Vögte gegeben, für die linksrheinischen Besitzungen den Grafen Rudolf von Honberg, für die rechtsrheinischen den Herrn Dietrich von Röteln. Ausdrücklich nur als Schirmvögte, tuitionis virtute, zur Verteidigung von Leuten und Gütern des Klosters. Von irgend welcher Gerichtsgewalt der Vögte kein Wort. Die eine dieser Schirmvogteien scheint sich im Honbergischen Hause weitergeerbt zu haben, auch dann noch, als dieses die Vogtei des Bistums schon eingebüßt hatte; und auch bei ihr zeigt sich die Entwicklung der Vogtei zu Mißbrauch und Uebergriff. Der Honberger Graf Werner beanspruchte Kraft seiner Schirmvogtei eine Gerichtsbarkeit zu St. Alban. Das Kloster widersetzte sich; es kam zu einem Schiedsverfahren, und Bischof Heinrich bestätigte 1221 den Spruch, durch den auf Grund des burchardischen Privilegs dem Grafen alle Gerichtsbarkeit aberkannt und für die Zukunft Ruhe geboten wurde. Es ist aber fraglich, ob sich der Graf völlig gefügt habe; in der Gerichtsbarkeit wenigstens, die später durch die Herren von Biedertal und die Herzoge von Oesterreich zu St. Alban geübt wurde, wenn auch in sehr kümmerlicher Weise, scheint eine Usurpation der Honberger weiterzuleben.

Auf die Spärlichkeit der Ueberlieferung bei St. Alban ist nochmals hinzuweisen. Wir vermögen beinahe nur die allgemeinen Zustände zu erkennen, und da wir eine Mönchswelt vor uns haben, macht sich insbesondere das persönliche Element kaum geltend. Immerhin zeichnen sich in der Reihe der Prioren einige wenige Figuren aus: Heinrich, der um die Mitte des dreizehnten Jahrhunderts Prior war und neben St. Alban auch die Priorate von St. Viktor in Genf und des Portes bei Belley innehatte; seinen Wert erweisen überdies der Sieg, den er im Parochiestreit über die Domkapläne errang, und seine Erhebung zum Bischof von Genf 1260. Sodann Stephan, unter dessen Regierung (1270er und 1280er Jahre) so überraschend viel von Kauf, Leihe und Verwaltung der Klostergüter die Rede ist, daß dies nur als Folge seiner persönlichen Energie und Rührigkeit betrachtet werden kann; die Ergänzung hiezu sind aber die Rügen der Visitatoren, daß zur selben Zeit die Mönche Mangel leiden und Stephan sie auch nicht mit genügendem Ernste zur Erlangung der Weihen anhalte.

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 133. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/152&oldid=- (Version vom 1.8.2018)