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scheint, das aber hier bei St. Leonhard, wie auch bei St. Alban, diesen Charakter unverkennbar trägt. In der Zeit unsrer Urkunden wird es sich dabei kaum mehr um die Leistung in natura gehandelt haben, sondern um die Zahlung eines entsprechenden Betrages. Der Name jedoch, der von der Lieferung des Schnitters zur Zeit der Ernte auf das grundherrliche Ackerland redet, bezeugt frühere landwirtschaftliche Zustände, und ein Hinweis auf den alten Umfang des Leonhardslandes liegt auch darin, daß der Schnitter noch spät nicht nur von den städtisch überbauten Liegenschaften, sondern auch von Parzellen im Gartengebiet auf dem Kohlenberg, außerhalb der Mauern, zu entrichten war.

Schon früh zeigen sich die auswärtigen Besitzungen des Stifts. Das früheste genannte Gut ist das im elsässischen Stetten; mit der Zeit fügte sich hieran ein ansehnlicher und wichtiger Besitz weit herum im Sundgau, in Neuweiler, Hagental, Wenzweiler, Müsbach, Knöringen, Michelbach bis hinab nach Dietweiler und Galfingen, ja selbst in Sulz noch war St. Leonhard begütert. Eine zweite Gruppe bildeten die Berechtigungen in Muttenz, Reinach, Pfäffingen, Wintersingen. Rechts vom Rheine aber scheint das Stift noch gar nichts besessen zu haben.

Eine Bereicherung eigener Art sodann war die Erwerbung des Klösterleins Kleinlützel. In früherer Zeit war dies eine Niederlassung von Cistercienserinnen gewesen; Graf Rudolf von Tierstein hatte dann das Haus unter die Regel St. Augustins gestellt und Marbacher Mönche dahin berufen. Aber die Verhältnisse waren dürftige und wurden immer kümmerlicher. Es fehlte an Allem; neue Mönche traten gar nicht mehr ein. Um daher das Kloster der Augustinerregel zu erhalten, vollzog Bischof Heinrich 1264 seine Vereinigung mit dem Leonhardsstift zu Basel; keine Unterscheidung sollte fortan zwischen Chorherren hier und dort gemacht werden, der Propst von St. Leonhard zugleich Prälat von Kleinlützel sein.

In der Reihe der Basler Gotteshäuser nehmen St. Leonhard und sein Gut eine besondere Stellung ein. Das Stift war viel weniger emanzipiert als St. Alban, zumal dem Bischof gegenüber, der bei diesem sozusageu Alles aus der Hand gegeben hatte. Dem Stift St. Peter aber war St. Leonhard überlegen durch höheres Alter und dann wieder in anderer Weise von ihm unterschieden dadurch, daß sein Gebiet ein jüngerer Stadtteil war als derjenige, bei dem St. Peter entstand. Zu Beginn des zwölften Jahrhunderts war dieses Gebiet von St. Leonhard noch unstädtisch, Allmend vor der Mauer. Seine Ummauerung wird zuerst im Jahre 1206 bezeugt. Aber erst geraume Zeit nachher, und dann zunächst noch recht langsam,

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 135. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/154&oldid=- (Version vom 1.8.2018)