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Vielleicht lag diesem Akt seine Initiative so gut zu Grunde, wie dann der Erhebung der Kirche zum Stift.

Es war die Zeit Heinrichs von Thun, die kräftige schöpferische Periode. Die Bevölkerung wuchs, die Arbeit des Pfarrers mehrte sich. Und wir haben uns klar zu machen, daß der Pfarrer schwerlich der einzige Geistliche einer solchen Gemeinde war. Eine kleine Zahl von Klerikern war unter ihm für die Parochie tätig, und von diesem Zustande aus bedurfte es keines großen Schrittes mehr, um die Pfarrkirche in eine kanonisch geordnete Kollegiatkirche umzuwandeln. Der Zweck, zu dem dieser Schritt geschah, war die Verherrlichung des Gottesdienstes. Die Zahl der an dieser Kirche Gott Dienenden sollte gemehrt, ihr Wesen geregelt, dem Kultus dadurch erhöhter Glanz gegeben werden. Es konnte dies hier um so eher geschehen, als das Kirchenvermögen, jedenfalls infolge von Zuwendungen aus der begüterten Gemeinde, so stark angewachsen war, daß es zum Unterhalt eines Kollegiums von Kanonikern ausreichte.

So geschah denn diese Erhebung der Pfarrkirche zum Stift in der Zeit zwischen September 1230 und Januar 1233, auf Betreiben namentlich des Leutpriesters Konrad, der in den gewohnten Räumen gerne einen prunkvolleren Gottesdienst mochte einziehen sehen. Sein Andenken als des iniciator collegii, Schöpfers des Stiftes, wurde noch lange gefeiert.

Im Januar 1233 zum ersten Mal werden Propst und Chorherren von St. Peter genannt; am 15. August gleichen Jahres gab ihnen Bischof Heinrich eine Ordnung, die auf das Absterben des alten Pfarrers Konrad in Kraft treten sollte. Im April 1236 war dies geschehen, sodaß Papst Gregor die neue Stiftung bestätigen konnte.

Das Statut Heinrichs besagte, daß die St. Peterskirche dem Kollegium dienen und gehören solle. Die Leutpriesterstelle wurde aufgehoben und die Seelsorge dem Custos des Stifts übertragen, der auch im übrigen alle Befugnisse des frühern Leutpriesters erhielt. Seine Wahl sollte wie bisher die des Pfarrers dem Dompropste zustehen, die Wahl des Propstes und die Annahme neuer Chorherren dem Kapitel von St. Peter selbst.

In solcher Weise erhielt das Kirchenleben Basels eine eigenartige Bereicherung. Sie ist denkwürdig schon deswegen, weil sie Bestand und Formen bis ins neunzehnte Jahrhundert bewahrt hat. Für die Beurteilung ihres Wesens aber kommt in Betracht, daß das kollegiale Leben, das beim Domstift durch die Beteiligung an Regierungsgeschäften eine höhere Bedeutung erhielt, hier allein für Chordienst und Gottesdienst bestand. Eine Gemeinsamkeit waltete, die doch dem Einzelnen die Freiheit lässiger Bewegung

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 141. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/160&oldid=- (Version vom 1.8.2018)