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und wurden am 22. April 1264 durch den Bischof Dietrich von Wierland geweiht. Als endlich auch das Chorhaupt selbst gebaut, die Gewölbe geschlossen, Chor und Kirche vereinigt waren, fand am Tage nach Mariä Geburt (9. September) 1269 die feierliche Weihe des Gotteshauses statt, durch keinen Geringeren als Albert den Großen. Den Schluß der langen Bauarbeit bildete der Bau des Glockenturmes; am Feste des Ordensheiligen Dominicus, 4. August 1273, vierzig Jahre nach der Niederlassung, in den ersten Tagen der Regierung König Rudolfs, wurde er vollendet.

Von dieser Predigerkirche des dreizehnten Jahrhunderts hat der Chor samt seinen Seitenkapellen dem Erdbeben standgehalten und steht heute noch. Es ist nicht allein das Andenken der großen Gestalt seines Consecrators, das an ihm haftet und ihm Wert giebt; der Bau ist an sich ausgezeichnet durch den Adel seiner Gestalt.

Das Wesen des Predigerklosters ist demjenigen des Minoritenhauses in den allgemeinen Zügen gleich. Jedenfalls fanden sie sich im Dienst der Kirche zusammen, schon früh beim Kampfe gegen Friedrich und bei der Unterjochung der gegen Papst und Bischof sich erhebenden Bürgerschaft. Auch hier erscheint es wie eine Belohnung getaner Dienste, daß Bischof Berthold 1249 den Predigern eine Urkunde zu teil werden läßt, in der ihre Rechte allem Volk und zumal dem gesamten Weltklerus gegenüber aufs entschiedenste proklamiert werden. Scharf und prinzipiell ist hier Alles ausgesprochen, der Klerus bekommt ernste Vorwürfe zu hören, nichts ist den Dominikanern untersagt. Sie haben das Recht zu predigen, Beichte zuhören, Strafen zu verhängen und freizusprechen; kein Weltpriester soll sie daran hindern oder seine Pfarrkinder von ihnen abhalten dürfen. Es sind dies Zugeständnisse, die auch anderwärts gemacht werden; aber in beachtenswerter Weise geht hier der Bischof noch weiter. Er gibt den Predigern ausdrücklich die Befugnis, an seiner Stelle Haeretiker und Gebannte zu absolvieren, Gelübde zu lösen, Dispens zu erteilen, Zauberer und Wahrsager öffentlich zu bestrafen. In allen diesen Stücken wird den Mönchen die volle Macht des Bischofs zuerkannt. Deutlich tritt ihr Beruf zu Tage, die Kirche zu erbauen, Irrlehre und Wahn zu bekämpfen. Viel mehr als von den Minoriten wird hier das Agitatorische, das Streitbare und Laute gefordert. Der stilleren evangelisierenden Tätigkeit des Minderbruders, seiner Arbeit am Einzelnen gegenüber steht hier die Wirkung ins Große und mit starken heftigen Mitteln.

Der Erlaß Bertholds galt natürlich nur für die Basler Diözese. Aber der Vorsteher des Nachbarbistums Konstanz erwies den Brüdern von

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 151. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/170&oldid=- (Version vom 12.5.2020)