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Und zwar ist Domvogt und Stadtvogt dieselbe Person; der Graf von Honberg heißt bald Vogt der Kirche, bald Vogt der Stadt. In der letztern Eigenschaft hat er, da die Kompetenz der Stelle eine ausgedehnte ist, seine Stellvertreter, seine Untervögte; als ein solcher erscheint in den Jahren 1187 und 1202 Hugo Münch.

Aber wie anderwärts, so werden auch in Basel im zwölften Jahrhundert Klagen über die Vögte laut. Die Erblichkeit ihres Amtes machte sie in einer dem Herrn immer lästiger werdenden Weise unabhängig; sie suchten ihre Befugnisse zu erweitern, mißbrauchten ihre Gewalt, maßten sich Rechte an. In höchst belehrender Weise gibt eine Urkunde des Basler Domkapitels von 1190 Aufschluß; worüber hier vornehmlich geklagt wird, das ist Verletzung der Freiheit von beneficia claustralia, der libertas curie durch einzelne Herren, die sich als Vögte aufdrängen, eigene Vogteien über solche Güter ausdehnen wollen.

Mit dem obersten Vogt und Stadtvogt geriet aber auch der Bischof selbst in Zwist, namentlich darüber, daß der Bischof das Recht beanspruchte, jede zur Erledigung kommende Vogtei an sich zu ziehen und je nach seinem Gutdünken zu behalten oder wieder weiter zu geben. Der Stadtvogt widersprach dem. Die Sache kam vor den Kaiser Friedrich, und dieser entschied in Gelnhausen, April 1180, zu Gunsten des Bischofs. Ein zweiter ebendort ergangener Spruch bestimmte, daß Niemand ohne des Bischofs Gunst eine Befestigung, eine sog. Wicborc, in der Stadt Basel haben dürfe, und dieser Spruch traf jedenfalls auch wieder den Vogt. Wir kennen den Verlauf des Streites im einzelnen nicht; aber wenige Jahre später ist von einem abgesetzten Vogt die Rede, und die Vogtei erscheint dann nicht mehrbei den Honbergern, sondern bei den Tiersteinern.

Die Regelung der Verhältnisse, die Bischof Heinrich von Horburg mit dem ersten Vogt aus dem neuen Hause vornahm, ist in einer Schiedsurkunde aus dem Ende der 1180er Jahre enthalten. Sie bildet die Grundlage des von da an geltenden Vogteirechtes. Wir bemerken vorweg, daß in ihr dem neuen Vogt beträchtliche Geldzahlungen an den Bischof und an den städtischen Rat überbunden werden; vielleicht ist dabei an eine Abfindungssumme zu denken, die dem abgesetzten Vogt zu leisten war, vielleicht an Rückstände aus der Vogtei, bei der Zahlung an den Rat wohl an Erstattung eines von diesem gemachten Darleihens. Wichtiger ist, daß der Bischof jetzt eine Reihe von Gebieten aus der Vogteigewalt löste, wobei wohl hauptsächlich an Land zunächst der Stadt zu denken ist. Er verfuhr hiebei lediglich dem durch die Gelnhausener Sentenz ihm zuerkannten Rechte gemäß.

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 45. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/64&oldid=- (Version vom 1.8.2018)