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Die gerichtliche Tätigkeit des Rates kann hier nur kurz erwähnt werden. Die Zeugnisse, die sich erhalten haben, sind nicht zahlreich und vertreten sie zudem sehr ungleichmäßig; Kriminalurteile besitzen wir gar nicht, nur drei Prozeßentscheide, im übrigen Urkunden nur der sog. freiwilligen Gerichtsbarkeit. Hiezu kommt, daß der ganze Zustand ein Uebergangszustand ist. Rat und Gericht sind eins, erst seit kurzem; aber schon bereitet sich wieder eine Ausscheidung vor.

Wir haben Vogtsgericht und Schultheißengericht zu unterscheiden. Als Urteilsfinder des Vogtes funktionierten die Ratsherren. Auch der Schultheiß mit seinen Urteilern saß in dieser Behörde; die hie und da genannten scabini sind wohl als dieses Urteiler-Kollegium des Schultheißen anzusehen, das einen Teil des Rates bildete. Die Urkunden des Vogtsgerichtes waren daher ausgestellt meist durch Vogt und Bürgermeister gemeinsam, seltener durch Vogt und Schultheiß oder durch Vogt und Bürgermeister und Schultheiß oder durch den Vogt allein. Aussteller der Urkunden des Schultheißengerichts war in der Regel der Schultheiß allein; vereinzelt erscheint neben ihm auch der Vogt.

Hinsichtlich der Kompetenzen galt in der ersten Zeit die Regel, daß der Vogt für Streitigkeiten über Eigen und für Auflassungen zu Eigentum zuständig war, der Schultheiß für Leihen und für Streit aus Leiheverhältnis. Um die Mitte der 1270er Jahre jedoch trat eine Aenderung ein. Der Vogt, der kurz vorher aus seiner bisherigen Stellung in der städtischen Verwaltung ausgeschieden war, verlor jetzt auch seine Civilgerichtsbarkeit. Er behielt nur seine Kompetenz in Strafsachen, und der Schultheiß erscheint von nun an als zuständig für die ganze Civiljurisdiktion, auch über Eigen; nur noch gelegentlich scheint der Vogt dabei mitgewirkt zu haben. Die Vermutung liegt nahe, daß diese Aenderung eine Folge des Vorgehens von König Rudolf war, das den Vogt aus dem Dienste des Stadtherrn nahm; er verlor damit den organisatorischen Zusammenhang mit dem Stadtgerichte.

Als Sprengel dieses von Vogt und Schultheiß, dann vom Schultheiß allein geleiteten Stadtgerichtes erweist sich das Gebiet der Stadt sowohl innerhalb der alten Mauern als in den Vorstädten. Nur vereinzelte Fälle greifen über diesen Bereich hinaus und bringen die Verfügung über Güter in Delsberg, Häsingen, Blotzheim, Inzlingen, Attenschweiler usw. vor das Gericht zu Basel. Die Parteien sind dabei meist Bürger der Stadt, und es ist an die Möglichkeit zu denken, daß sie aus persönlichen Gründen auf dieses ihnen am nächsten liegende Gericht prorogierten. Die gleiche Bedeutung

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 73. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/92&oldid=- (Version vom 1.8.2018)