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Die Wirkung einer neuen Konstellation zeigte sich deutlich genug dem jüngsten Genossen der Niedern Vereinigung, Herzog Renat von Lothringen, gegenüber. Schon im Juli hatte Herzog Karl den Kampf mit diesem ausgenommen, um sich seines Landes zu bemächtigen. Für die Vereinigung aber galt dies Land als „ein rechter Schlüssel zum Elsaß“, und im Gedanken hieran war Herzog Renat am 18. April 1475 in die Vereinigung ausgenommen worden. Jetzt warb er beim Bund um Hilfe wider Karl.

Auf wiederholten Tagsatzungen wurde diese Sache beraten; Straßburg sandte schon im August Truppen hinüber. Im September beschloß die Vereinigung, ein Heer von siebentausend Mann dem Herzog zuziehen zu lassen, und zu Beginn des Oktobers kam dies zur Ausführung. Basels Kontingent, sechshundert Fußknechte und fünfzig Reisige, brach am 6. Oktober auf, unter dem Befehl der Hauptleute Lienhard Grieb und Veltin von Neuenstein, und zog über den Paß von Kaisersberg nach St. Dié.

Aber dieses ganze Aufgebot richtete in Lothringen nichts aus. Es stand fast untätig, in denselben Wochen, während deren die Eidgenossen ihren erstaunlichen Siegeslauf durch die Waadt ausführten, mit rascher, durch kein Erbarmen gehemmter Kraft sechzehn Städte und dreiundvierzig Schlösser bezwangen. Wie so anders hier. Die französischen Truppen, mit denen eine Vereinigung geplant war, zeigten sich nicht, und Herzog Renat selbst, der die Bündner zu Hilfe gerufen, wich aus dem Lande. Ein Ort nach dem andern fiel in die Hände Karls, am 19. Oktober auch das feste Epinal. Da führte Graf Oswald das Heer wieder zurück über die Vogesen; am 26. Oktober trafen die Basler Zuzüger hier ein.

Sie brachten üble Botschaft und fanden daheim die größte Aufregung, geschaffen durch eine politische Wendung unerhörter Art.


Beunruhigend war vor allem die Haltung des Kaisers. Der vorläufige Friede, den er vor Neuß mit Karl geschlossen, war bekannt geworden, und die Befürchtungen, daß es dabei auf die Verbündeten abgesehen sei, wurde auch durch die Erlasse des Kaisers nicht gehoben, mit denen er noch Ende Septembers zur Bekriegung Burgunds aufrief.

Und hiezu trat nun der von König Ludwig am 13. September in Soleuvre geschlossene Vertrag mit Herzog Karl. Ein guter Freund Basels am königlichen Hofe ließ schon frühe davon verlauten, und die Vorgänge der Kapitulation von Epinal stärkten das Mißtrauen gegen den König.

Unter dem schweren Druck dieser Ereignisse und Drohungen tagte am 1. November die Niedere Vereinigung zu Basel. Man beschloß umfassende

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes erster Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1911, Seite 88. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,1.pdf/109&oldid=- (Version vom 8.8.2016)