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Das erste Rathaus, 1257 erwähnt, war an der Ecke von Sporengasse und Marktplatz gelegen und blieb hier bis in die 1340er Jahre. Da zog der Rat auf die andere Seite der Straße, an den Fuß des St. Martins-Hügels; hier finden wir das Rathaus 1354. Im Erdbeben wurde es vernichtet, und der Rat verband mit dem Wiederaufbau eine Vergrößerung; er erwarb 1359 das Nachbarhaus Waldenburg und begann den Bau eines einheitlichen, die Breite beider Hofstätten einnehmenden, von der Straße bis an den Berghang reichenden Rathauses.

Es bestand aus Vorderhaus und Hinterhaus. Jenes erhob sich über einer Halle, die mit drei Bogen geöffnet war. In der Ecke des Hofes führte eine Wendeltreppe hinauf. Das Hinterhaus war durch ein Höflein vom Berge getrennt. Auf der Höhe des letztem lag der Hof der Püliante von Eptingen.

Diese Anlage wurde erweitert: 1438 um eine Stube für den alten Rat; 1462 um ein Archivgewölbe im hintern Höflein; 1482 um drei Archivkammern ebenfalls im Höflein und über dem Gewölbe von 1462.

Die Räte hatten ihren Sitzungssaal im ersten Stock des Hinterhauses; ebendort im Erdgeschoß lag die Gerichtsstube; die Kanzlei scheint im Vorderhause gewesen zu sein, das die 1407 durch Fritscheman Guntrifeier von Ulm verfertigte und der Stadt geschenkte Schlaguhr enthielt.

Wir suchen uns das Leben zu vergegenwärtigen, das in nie ruhendem Verkehr das Haus erfüllte. Die Räte, die Schreiber, die Kollegien trieben hier ihr Wesen; Fürsten wurden hier empfangen; die Beratungen und Entschlüsse der mächtigsten Zeit unsrer Geschichte haben diese Räume zu denkwürdigen gemacht. Und neben dem Großen und Unvergänglichen wie viel Alltägliches Kleines! Der Rathaushof diente als Vorplatz der Gerichts- wie der Ratsstube, an den Pfeilern der Halle waren die Maße für die erlaubte Länge von Schwert und Degen und war das Ellenmaß in den Stein eingelassen, waren Kundmachungen Zitationen Fröhnungen usw., kaiserliche Mandate, Manifeste aller Art angeschlagen; vor dem Hause und im Hofe standen Buden und Verkaufsbänke von Bäckern Wechslern Krämern, der Hof war zu Zeiten nichts Anderes mehr als ein Teil des Marktplatzes draußen; hier wie dort wurde Korn verkauft, standen die Müller mit ihren Mehlsäcken, wogte und lärmte das Gedränge.

Überall frisches Leben. Auch in den obern Geschossen, wo neben dem Ernst der Ratssäle uns ein gemütliches Haushaltungswesen entgegentritt: das Tisch- und Küchengerät für die Mahlzeiten des Rates, sein Silbergeschirr (Schalen und Becher), seine Zimtbüchse, seine Schenkkannen und zinnernen

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes erster Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1911, Seite 251. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,1.pdf/272&oldid=- (Version vom 24.10.2016)