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Platten bis zum Thymian Reckholder und Lorboum, mit dem im Winter hier geräuchert wird. In einem Gang oder einer Stube war ein Devotionsplatz mit Heiligenbildern, vor denen beständig eine Ampel brannte.


Dem Komplex des Rates und seiner Kollegien und Beamten gegenüber stand der Große Rat, durch die Zunftvorstände gebildet. Seine Anfänge fallen in die erregten Jahre, da Herzog Leopold Nachbar Basels wurde und Johann von Vienne Bischof war. Deutlich zeigte sich der Wille der Zünfte; eine seiner Äußerungen war nun auch, daß bei wichtigen Fragen der Rat die Sechser sämtlicher Zünfte zusammenrief und beraten ließ. Zum ersten Mal begegnet uns dies im Jahre 1373.

Als Versammlung der Zunftvorstände war der Große Rat Gemeindevertretung, solange diese Vorstände aus der freien Wahl der Zünfte hervorgingen. Aber zum Teil schon im XIV. Jahrhundert ernannten die alten Sechser selbst die neuen Sechser, und es waltete eine Beschränkung auf wenige Wählende und Wählbare, die den einzelnen Zunftvorstand von der Zunft und den Großen Rat von der Bürgerschaft trennte. Dennoch hieß der Große Rat gelegentlich „die Gemeinde“. Aber wie er nicht die Ratsherren wählte, so auch nicht als Großer Rat die Zunftmeister; diese wurden erhoben durch die dann allerdings im Großen Rate sich zusammenfindenden Sechser. So stand die große Behörde da, nach oben und nach unten ohne Verbindung, ohne formulierte Kompetenzen und Rechte, ohne eigene Organe.

Der Große Rat bestand aus den alten und neuen Sechsern der fünfzehn Zünfte, demnach aus hundertachzig Mitgliedern. Zu diesen kamen die Schultheißen beider Stadtgerichte sowie wahrscheinlich diejenigen Mitglieder des Großbasler Gerichts, die nicht der Räten waren, und vier Männer aus den Kleinbasler Gesellschaften. Der Rat als solcher nahm an den Sitzungen des Großen Rates ebenfalls teil. Die Versammlung war mithin so zahlreich, daß sie nur beim Fehlen vieler Mitglieder im alten Rathause Platz fand; ihre Sitzungen wurden daher meist in einem Saale des Augustinerklosters, seit Mitte des XV. Jahrhunderts etwa auch im Predigerkloster abgehalten, bis der Neubau des Rathauses hier einen würdigen Raum schuf; seit 1521 war dieser die Stube des großen Rates.

Der Große Rat war keine unentbehrliche Behörde, vor allem nicht die ausschließlich legiferierende. Das gesamte Recht war vielmehr beim Rate. Der Große Rat konnte sich daher auch nur auf den Ruf des Rates versammeln, und dieser war formell frei, ihn zu rufen oder nicht. Aber es geschah meist in allen wichtigen Fragen. Bestimmte Regeln waren nicht

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes erster Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1911, Seite 252. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,1.pdf/273&oldid=- (Version vom 24.10.2016)