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Pflicht, von der noch um die Mitte des XIII. Jahrhunderts hatte geredet werden können, galt schon hundert Jahre später nicht mehr; auch waren in der Vorstadt die Fünfer, die Unzüchter, der Brotmeister kompetent. Aber daneben doch noch welche Vielgestaltigkeit eigenen Lebens. Im engen Kreise der Lehen am Teich die Rechte der Lehenleute und die Befugnisse des Propstes; im ganzen Bezirke der Vorstadt sodann und darüber hinaus bis ans Birsufer und die St. Jacobsstraße das Amten der fünf Feuerschauer, der fünf Einungmeister (die über Feldfrevel und Beschädigungen zu entscheiden, den Weidgang und Herbst, den Hirt, den Bannwart, den Zuchtstier zu besorgen hatten), der fünf Gescheidleute für Grenzstreitigkeiten. Die Wahl dieser Beamten geschah durch den Propst mit dem Rate der Vorstadtleute. So noch zu Beginn des XV. Jahrhunderts. Aber 1473 werden die Einungmeister durch die Vorstadtgemeinde gewählt, und daß sie jetzt mehr Vertreter der Gemeinde sind als Beamte des Klosters, zeigt ihr Auftreten im Weidgangstreit der Gemeinde mit den Lehenleuten 1488.

Die Zustände von St. Alban, wo eine einheitliche Grundherrschaft war, dürfen nicht ohne Weiteres auf die andern Vorstädte übertragen werden. Bei diesen erscheint Vieles sich selbst überlassen, formloser, nur allmählich heranwachsend. Die umfassende Regelung von oben herab fehlte, und statt ihrer haben wir eine gewisse Autonomie der Bewohner anzunehmen; ein sich Verständigen der Ansiedler, die zu Vorstadtleuten wurden; ein gemeinsames Ordnen der Benützung von Straße und Brunnen, der Feueraufsicht, des Weidgangs u. dgl. Eine Besorgung von Dingen also, die ganz und gar lokal waren, nur den Einzelnen hier draußen berührten und für das Gemeinwesen wenig Interesse besaßen. Anderes dagegen, wie die Gewerbepolizei, das Recht, die Bauordnung, war natürlich auch in der Vorstadt Sache des Rates. Ebenso die wichtigen Angelegenheiten der Mauerbewachung und des kriegerischen Alarms. Wir werden sehen, in welcher Weise diese letzteren geordnet wurden, wie seit 1392 eine separate Wachtorganisation für jede Vorstadt bestand. Die alte Sonderwirtschaft in jenen Einzelheiten wurde dadurch nicht berührt; sie dauerte weiter und fand festere Formen in der Organisation von geselligen Vereinigungen der Vorstadtleute, von Stuben oder Gesellschaften.

Nach der Mitte des XV. Jahrhunderts finden wir solche Vorstadtgesellschaften bezeugt: 1465 Meister und Gesellen von Krüz (St. Johannsvorstadt); 1469 die Gesellschaft auf der Stube ze Kreygenberg an den Spalen; 1475 Meister und Gesellen der Gesellschaft zum Rupf in der Vorstadt Eschemertor.

Sie alle haben ihre Verfassung; neben die Geselligkeit, die durch sorgfältige Vorschriften geleitet wird, völlig dem Stubenwesen der Zünfte

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes erster Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1911, Seite 258. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,1.pdf/279&oldid=- (Version vom 24.10.2016)