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drängten sich Buden und Bänke von Drechslern Krämern Buchbindern Schuhflickern Messerschmieden u. dgl. Aber die aller Welt bekannte Auszeichnung des Rheintors war der Lällenkönig; seit 1440 trug es ein Gemälde, das den Einzug der Husiten am Konzil 1433 darstellte.

Eine vollkommene Befestigung am Rheine besaß dagegen das durch keine Halden geschützte Kleinbasel. Ein doppelter Mauerzug war hier vorhanden: vor der eigentlichen Stadtmauer erhob sich eine zweite, weniger hohe Mauer; der Raum zwischen beiden hieß der Zwingolf oder Zwingelhof; außerhalb der Vormauer lief ein schmaler Strand. Aber private Usurpation griff schon früh in diesen Zustand ein; Türen und Fenster, Wasserkänel, Anbauten aller Art gaben dem Rat unaufhörlich zu schaffen. Daneben bestanden die anerkannten öffentlichen Ausgänge, deren sechse genannt werden; die wichtigsten waren Lessers Türlein neben der Karthaus und das St. Clausen Tor unter dem Gesellschaftshause zur Häre.


Von dem in seinem Bette gleichmäßig dahinströmenden, nur zu Zeiten durch vermehrte Wasserfülle ängstigenden oder verheerenden Rheine verschieden war der Birsig. Noch im XVI. Jahrhundert verdiente er den Namen eines Wildwassers. Ungeregelt wechselnd grub er sich bald rechts bald links tiefer, war wie nach Laune schmäler oder breiter, versiegend oder überflutend.

Aber die Kraft, die hier lebte, wurde dienstbar gemacht nicht nur dadurch, daß das Wasser aus dieser Unordnung in feste Läufe gefaßt und auf die Räder von Gewerben geleitet wurde. Ein Teil der Stadt selbst entstand erst aus der Bekämpfung dieser Willkür, auf den Borden Inseln Kiesflächen die dem Fluß abgewonnen wurden. Sie bildeten die weite Allmend, auf der im XIII. Jahrhundert das Spital, das Barfüßerkloster, das Maria Magdalenakloster sich gründeten, draußen an den Steinen zahlreiche Private ihre Häuser bauten. In den untern Stadtteilen war die ursprüngliche Gestalt des Birsigs schon früher geändert worden. Das Tal selbst war hier enger. Die dichte Bewohnung sodann, das Bedürfnis von Brücken und Plätzen zwang zum möglichsten Eindämmen, streckenweise zum Ueberdecken des Flußbettes.

Ueber solche Regelung hinaus geschah den ganzen Lauf des Birsigs in der Stadt entlang ein unaufhörliches Schmälern und Stören des Wasserweges durch Einbauten und Ueberbauten. Schon früh trat die Behörde solchem Unwesen entgegen, ohne Erfolg. Alles ja schien hier möglich und in diesem versteckten Gebiete erlaubt zu sein.

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes erster Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1911, Seite 270. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,1.pdf/291&oldid=- (Version vom 24.10.2016)