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dann 1498 wurde das gesamte „alte unnütze gezüg von buchsen“ gemustert und zerschlagen und der Neuguß aller Stücke begonnen. Meist durch Thomas Scholer den Hafengießer. Die Rechnungen zeigen, wie ein Stück ums andere gefertigt wurde, lauter Schlangen, bis zu den herrlichen Prachtkarthaunen, die der Rat 1514 durch den Straßburger Büchsenmeister Jerg von Günthein gießen ließ; 1525 kamen die durch Michel Koberger gegossenen Stücke dazu.

Die hohe Bedeutung all dieser Dinge für Ehre und Bestand des Gemeinwesens läßt begreifen, daß die Verwaltung des Kriegsmaterials einer der ansehnlichsten Dienstzweige wurde. Im XIV. Jahrhundert war sie den Siebnern übertragen, später den mit merkwürdig weiter Kompetenz ausgerüsteten Zeugherren. Große Wichtigkeit hatte auch das Amt der stolzen, durch geheimnisvolles Wissen ausgezeichneten Büchsenmeister; ihnen lag nicht nur ob, der Stadt zu dienen mit der „Kunst aus Büchsen zu schießen“; sie waren meist auch Geschützgießer und überdies Pulvermacher, dazu mit der Aufsicht über die Munitionsvorräte und die Büchsen samt Zubehör betraut. Bemerkenswert ist die enge Verbindung dieser Geschäfte mit dem Bauwesen; zu Zeiten sind Büchsenmeister und Werkmeister dieselbe Person, und der Lohnherr erscheint gelegentlich auch als Zeughausverwalter. Es konnte dies geschehen, weil die Geschütze, mit Ausnahme der im Rathaus und auf den Mauern stehenden, im Werkhaus verwahrt waren, sodaß dieses auch Zeughaus oder Büchsenhaus hieß. Es war der Stolz Basels, eine seiner berühmten Sehenswürdigkeiten. 1433 bewunderten dort die Venezianer die sechsundsechzig großen, auf Wagen liegenden, bronzenen Bombarden; kein hoher Besuch kam nach Basel, den die Räte nicht hinauf in ihr Zeughaus führten und diesen Prunk stattlicher Kriegswerkzeuge beschauen ließen.


Welcher Art aber war die Anwendung aller dieser Kräfte und Mittel?

Kriegerisches Wesen erregte und steigerte zu Zeiten schon die üblichen Wachtanstalten. Das waren die Zeiten der „sorglichen Läufe“, da zwar noch keine bestimmte Gefahr drohte, aber das Land in Bewegung und deren Ziel ungewiß war, da Warnungen und Gerüchte kamen, Kriegsvolk sich in der Nähe sammelte. Zeiten, die nicht selten waren, vielmehr immer wieder sich erneuerten und zuweilen Jahre lang dauerten. Aber auch sonst kam Basel sozusagen nie zu einer getrosten Ruhe; denn unkriegerische außergewöhnliche Vorfälle wie die Jahrmesse, ein Kaiserbesuch, das Turnier des Juan de Merlo u. dgl., die viel Fremde in die Stadt brachten, zwangen in gleicher Weise wie jene Kriegsbefürchtungen dazu, auf der Hut zu sein. Jedenfalls hatte die Schule solcher stets wechselnder Erlebnisse die Wirkung,

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes erster Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1911, Seite 301. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,1.pdf/322&oldid=- (Version vom 24.10.2016)