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Pflege des Rechts geschaffene Instanz. Daher die Besetzung der Richterbank durch den Rat und zum Teil aus seiner Mitte, die Verwahrung des Gerichtssiegels durch die Ratsdeputation der Ladenherren, die ursprüngliche Auffassung, daß z. B. der Gerichtschreiber nicht etwa dem Gerichte, sondern Räten und Meistern von „ihres Gerichtes wegen“ diene.

Dieses vom Schultheißen präsidierte Gericht hatte Zuständigkeit für die ganze Ziviljurisdiktion im städtischen Gerichtsbezirk, den vor den Mauern die Grenze von Zwing und Bann bezeichnete.

Der Schultheiß war Beamter des Bischofs, ursprünglich sein Organ für das gesamte Stadtregiment, später nur noch am Gerichte tätig. Gleich einem erblichen Rechte ging die Schultheißenwürde im Hause der Schaler von Geschlecht auf Geschlecht weiter; seit Beginn des XIV. Jahrhunderts folgten sich in ihr Peter Werner Rudolf. Nach des Letztern Tode gab Bischof Johann 1349 das Amt dem Konrad von Bärenfels, der auch Bürgermeister und auch Schultheiß in Kleinbasel war. 1371 kam das Amt an Konrads Söhne und blieb bei diesen bis zum Juli 1384. Dann erledigt fiel es an den Bischof zurück und wurde von diesem während einiger Monate unmittelbar verwaltet, bis er es am 3. Januar 1385 der Stadt verpfändete. Freilich saßen jene Adligen nur selten dem Gerichte vor; statt ihrer amteten die Unterschultheißen. Und zwar so sehr als die tatsächlichen Führer der Geschäfte, daß sie über die Dauer der einzelnen Schultheißen hinaus die Würde trugen. So Johann von Watweiler, der vier Jahrzehnte lang Unterschultheiß war an Stelle der drei Schaler und des Konrad von Bärenfels.

Wie der Schultheiß bis 1385 vom Bischof ernannter Beamter war, so blieb das Amt auch nachher noch, zweihundert Jahre lang, eine durch die Stadt nur als Pfand besessene bischöfliche Beamtung. Und dieser alte Charakter trat an verschiedenen Punkten zu Tage: bis ins XVI. Jahrhundert in der Mitwirkung des Schultheißen beim Martinszinseinzug sowie in seinem Funktionieren am Fronleichnamsfeste und bei der Ratswahl auf Burg.

Das Gericht selbst aber war tatsächlich kein bischöfliches sondern ein städtisches Gericht. Schon in früher Zeit. Daß es seit den 1270er Jahren zuständig war für die ganze Ziviljurisdiktion bei Allem, was städtische Personen sowie städtischen Boden betraf, und in Konkurrenz trat mit den geistlichen Gerichtshöfen, machte es zum eigentlichen Stadtgericht, so daß der Bischof selbst gelegentlich von dem judicium civitatis sprach. Dazu seine Natur eines Ausschusses aus der städtischen Gemeinde. Diese selbst, in ihren Vertretern den Urteilsprechern, bildete das Gericht. Nicht der Schultheiß sprach Recht; die Urteilsfindung geschah aus der Mitte der

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes erster Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1911, Seite 314. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,1.pdf/335&oldid=- (Version vom 10.11.2016)