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auszuschöpfende Fülle des Lebens. Und mit dem lebhaftesten Interesse folgen wir auch hier einem Gange der Entwickelung. Die Gerichtsordnungen, die Anfangs (1405, 1411) nur Organisation und Prozeßgang regeln, werden allmählich (1457, 1518/19) zu eigentlichen, wenn auch unvollkommenen Kodifikationen des Prozeß- und Zivilrechts. Der Ausbildung eines Stadtrechts parallel wächst die Bedeutung des Schultheißengerichts als der Stätte, wo das Stadtrecht geschaffen und gehandhabt wird, und diese Rechtspflege tritt immer schärfer und bewußter in Gegensatz nicht nur zur geistlichen Jurisdiktion, sondern auch zu Regiment und Verwaltung. Wir nehmen eine Entwickelung auch in Anderm wahr: das Gericht nimmt Teil an der allgemeinen Umgestaltung des öffentlichen Wesens; es erlebt gleich dem Rate das Ausscheiden des adligen Elements. Während der ursprünglich im Gericht sitzende Ritter Statthalter des Schultheißen war, ist er seit den 1470er Jahren nicht mehr vorhanden, und nur der Form zu Liebe muß Einer der Bürger loco militis sitzen. Es ist die Zeit, in der die Bischöfe Johann und Caspar mit dem Rat um das Schultheißenamt kämpfen; ganz unzweifelhaft. Jedem spürbar ist das Gericht jetzt ein durchweg städtisches, ein bürgerliches, und auf diesen Zustand, da kein Edler mehr miturteilt und nicht mehr das ruhige höfliche Reden wohlerzogener Herren mehr im Gerichte vernommen wird, sondern nur noch die laute und oft wenig wählerische Mundfertigkeit von Handwerkern und Krämern, gehen Zorn und Hohn des Hans Friedrich von Reischach, der dies Basler Gericht eine Judenschule schilt.


Dieses Stadtgericht war zuständig nur für die große Stadt und ihren Bann, und vor ihm waren die in Großbasel wohnenden Bürger zu suchen. Seine Parallele hatte es im Gericht Kleinbasels.

Dessen Anfänge sind erwähnt worden. Ebenso, daß der dortige Schultheiß sowohl Gemeinde- als Gerichtsbeamter war. Hier haben wir nur vom Gerichte zu reden.

Das Kleinbasler Schultheißenamt, das dem Bischof zustand gleich demjenigen der linksrheinischen Stadt, war zu Beginn des XIV. Jahrhunderts den Herren von Bärenfels verliehen, seit 1311 ihnen um Geldschuld verpfändet. Vier Generationen dieses Hauses hatten das Amt inne und ließen es durch ihre Nachschultheißen versehen, bis der Rat von Großbasel am 3. Januar 1385 mit dem Großbasler Schultheißentum auch dieses vom Bischof zu Pfand erwarb und es 1385/86 von den Bärenfelsischen löste. Nach einigen Jahren Pfandbesitzes machte der Übergang Kleinbasels an

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes erster Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1911, Seite 318. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,1.pdf/339&oldid=- (Version vom 10.11.2016)