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vor dem Übergang an die Karthause, der rechtsrheinische Festplatz Basels für Turniere Tänze Spiele war.

Schon daß der Petersplatz Schießrain und Haus der Armbrustschützen enthielt und an das städtische Arsenal grenzte, gab ihm Charakter. In seinen schattenreichen Laubgängen veranstaltete die Stadt gern ihre großen Feste; hier feierte sie 1445 die Papsttochter Margaretha, 1473 den Kaiser Friedrich. Ausdrücklich war den Anwohnern verboten, ihre Hühner und Kühe auf den Platz laufen zu lassen, dessen Vornehmheit gewahrt bleiben sollte und ihren passendsten Ausdruck in einem auserlesenen Baumschmucke fand. Unaufhörlich sind die Zahlungen für die Pflege der vielen Linden des Petersplatzes sowie der berühmten großen Eiche, die beim Brunnen vor dem Stachelschützenhause stand. Sie wurde wie ein heiliges Altertum behütet und besorgt; vielleicht der letzte Rest des Urwaldes, der einst diese Höhe bedeckt hatte. Nicht ragenden Wuchses, sondern niedergedrungen, von breitem Stamm und außerordentlich dichter Belaubung. Die starken Äste, in Mannshöhe kunstreich in die Breite gezogen und ausgeweitet, „zerlegt“, von mehreren Säulenreihen gestützt, trugen im Blätterschatten einen weiten runden Raum, zu dem eine Stiege hinaufführte. So war dieser gewaltige und ehrwürdige Baum eine der Sehenswürdigkeiten Basels, die zu bewundern kein Fremder unterließ, bis die zu gleicher Größe heranwachsende Linde der Münsterpfalz ebenfalls Ruhm zu erwerben begann.

Alljährlich im Frühling hatten die Stadtknechte den Spiel- und Festplatz zu St. Peter herzurichten, die Bänke unter den Linden aufzuschlagen. Aber die Lebensfreude und Kraft, die hier im prachtvollen geschlossenen Rahmen dieser Gebäude Baumgruppen und Büsche sich erging, erscheint als allverbreitet durch die ganze Stadt, ohne daß eine obrigkeitliche Bedenklichkeit oder Opposition sich vernehmen läßt. Erst während der aufs höchste gesteigerten Zeiten zu Beginn des XVI. Jahrhunderts werden mahnende Stimmen laut. Das Tanzen zu Pfeife und Saitenspiel auf offener Gasse wird verboten; dann das Tanzen überhaupt außer an Hochzeiten; aber auch das Schlittenfahren außer am Kohlenberg, das Schneeballwerfen u. dgl. m.


Im Tumulte dieses die Gesamtheit des Stadtvolks und sein nächstes tagtägliches Dasein umfassenden Treibens fand das uneheliche Geschlechtsleben zunächst wenig offizielle Beachtung. Es erschien als eine persönliche Sache, die ein Zugreifen von Polizei und Gesetz nur insoweit ertrug, als die öffentliche Ordnung oder das Recht dabei in Frage kamen; daher die obrigkeitliche Sorge für Bordelle, das Fortweisen herumschweifender Buhlerinnen,

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes erster Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1911, Seite 347. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,1.pdf/368&oldid=- (Version vom 10.11.2016)