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Wie in den 1520er Jahren Basel aufs neue solche Bürgerrechte bischöflicher Landstädte und Dörfer gewann, wird an seinem Orte zu schildern sein.


Die Bürger bildeten die Stadtgemeinde, die Trägerin des Stadtregimentes war. Starke Kräfte waren hier an der Arbeit, aber lange nicht die einzigen. Eine ganze Welt von Existenzen Fähigkeiten Leistungen bestand noch und schuf mit der Bürgerschaft zusammen das Leben der Stadt. Sie nicht umgebend, nicht von ihr geschieden, sondern in tausendfachem Wechsel immerfort sich mit ihr mischend, in sie überfließend. Diesen größern Begriff der Stadtgemeinde verkündet der Rat selbst, wenn er davon redet, daß „alle Diejenigen, so in einer Ringmauer verschlossen und beschirmt werden und deshalb gleichen Nutzen an Schirm Leibes und Gutes empfangen, auch gemeine und gleiche Bürde tragen und Hilfe tun sollen.“ Mit weiter Gebärde umfaßt er die ganze Einwohnerschaft.

Aber das Recht verlangt Sonderungen; es trennt die Bürger von der Masse der Unverbürgerten und läßt Kategorien dieser Masse erkennen: Hintersassen Schirmleute Fremde.


Die Hintersassen, Edle wie Niedriggeborne, standen in derselben Pflicht des Gehorsams gegen die Obrigkeit wie die Bürger. Auch sie mußten wachen, ins Feld ziehen, Steuer zahlen. Recht geben und nehmen nur vor den hiesigen Schultheißen, im Allgemeinen der Stadt Nutzen und Ehre werben, ihren Schaden wenden, Lieb und Leid mit ihr teilen; auch zur Annahme einer Zunft waren sie gehalten. Aber eine Aufnahme in Hintersassentum fand nicht statt, keine Einkaufsgebühr wurde gezahlt, nur den jährlichen Eid hatten die Hintersassen zu leisten. Der Unterschied lag somit in den Rechten. Der Bürger war der Berechtigte. Vor Allem hatte nur er die Fähigkeit, in Rat und Gericht zu sitzen; mit Ausnahme des Großen Rates, dem als Sechser einer Zunft auch Nichtbürger angehören konnten. Nur der Bürger war vom Pfundzolle befreit, nur sein Haus eine Freistatt für die um Geldschuld Verfolgten usw. Dagegen stand das Recht des Bürgers, wegen bloß behaupteter Forderungen nicht ohne weiteres arrestiert werden zu können, wohl auch dem Hintersassen zu, ebenso die Freiheit von auswärtigem Gericht und auswärtiger Steuer. Außerdem scheinen mit der Zeit Verschiebungen vorgekommen zu sein: so die Verleihung der Pfundzollfreiheit auch an die Hintersassen, bis sie ihnen in den 1480er Jahren wieder genommen wurde; ihre Teilnahme an der Nutzung von Wunn und Weide u. A. m.

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes erster Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1911, Seite 362. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,1.pdf/383&oldid=- (Version vom 10.11.2016)