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des Konzils bringt dann natürlich auch Hebräer nach Basel, häufiger als sonst und wohl auch unkontrollierter, als Geschäftsleute Wechsler Wucherer, dann als großes Paradestück beim Krönungszuge des Felix eine ganze hiefür zusammengetriebene Judenschaft. Aber die Kirchenversammlung hat auch wiederholt das erfreuliche Schauspiel einer Judentaufe: 1435 des Diebes Michael Uchel am Galgen, der dann als Christ vom Stricke befreit und unter Urfehde entlassen wird, 1433 eines schönen Judenjünglings mit der erlauchten Patenschaft des Kaisers, des Markgrafen von Brandenburg usw. Solche Konversionen und Taufen wiederholen sich auch später: 1473, 1474, 1477, 1489, wobei der Rat die Kosten trägt und dem neuen Mitchristen seinen Taufschein nebst Empfehlung mit auf den Weg gibt. Und von einem solchen getauften Juden lernt der wißbegierige Stadtschreiber Künlin die hebräischen Buchstaben.

Was die Akten sonst von Juden melden, lautet anders, trägt den alten Ton. Wohl dürfen sie nicht in der Stadt wohnen; aber nun sitzen sie in der Nachbarschaft, hart vor den Toren, haben dort die Möglichkeit, mit dem Geldbedürfnisse von Baslern Geschäfte zu machen. Zum Ärger des Rates, der z. B. einen in Münchenstein ansässigen Juden wegzubringen sich jahrelang bemüht, 1529 die Fortweisung eines jüdischen Wucherers aus Häsingen begehrt. Das Ratsbuch selbst gibt seine Blätter zu einer Verwünschung der Juden her; sie sind noch immer „die bösen unseligen Höllenhunde, die mit ihrem Wucher uns Christenmenschen unser Gut sogar böslich abnehmen“.


Aber diese Gruppen von Bürgern Einsassen Schutzbefohlenen, jede mit ihrem Rechte begabt, in ihren Grenzen, mit ihrer Ordnung, erhalten Relief doch erst durch das, was sie umgibt. In dem Gewimmel und Wandel der Bevölkerung sind sie ruhige gesicherte Bereiche. Das Ganze bestimmend, aber nicht mit ihm identisch.

Vielmehr haben wir, wenn wir die Stadtpersönlichkeit in ihrer vollen Erscheinung kennen lernen wollen, auch auf das merkwürdige Vielerlei zu achten, das als Summe der irgendwie hier Anwesenden neben jenen Gruppen hergeht und, ohne ihr Recht zu besitzen, doch gleichfalls Basel ist. Eine Bevölkerung, die in raschem Wechsel immer neue Gestalten zu zeigen scheint, die auf sich selbst ruht und auch meist auf sich selbst ruhen bleibt. Nur selten geschieht ein Übergang aus ihr in jene geordnetere Einwohnerschaft. Sie ist nicht Vorstufe, sondern Umgebung. Aber auch so von hoher Bedeutung für das Stadtleben, indem sie auf ihre Weise, viel mannigfaltiger

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes erster Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1911, Seite 374. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,1.pdf/395&oldid=- (Version vom 10.11.2016)