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Zeit eine Versammlung von Fremden; die höchsten Ämter der Stadtverwaltung wurden absichtlich und konsequent mit Fremden besetzt.

Diese ganze nebenan lebende Bevölkerung ist von Wichtigkeit für den Zustand und die Geschichte der Stadt. Aber sie steht außerhalb der großen Rechtskörper von Bürgerschaft Hintersassen und Schutzgenossen; sie ist abgewendet von allen höhern Pflichten und Gedanken des Gemeinwesens; wie sie seinen Sorgen und Mühen ferne bleibt, so seinen großen Erlebnissen voll Glück und Ehre.

Hier kann es sich nur darum handeln, diesen Teil der Einwohnerschaft im Allgemeinen und von ferne zu betrachten. Regeln und Rechte zeigen sich kaum; Alles scheint formlose Tatsächlichkeit zu sein und eine Fülle, die jeder Darstellung spottet.

Denn auch hier wieder ist zu sagen, daß, was wir zu sehen und zu hören bekommen, fast immer nur die Störungen von Gewohntem, die Ausschreitungen, die Laster sind. Das Normale des Lebens ist verhältnismäßig viel schwächer bezeugt. Die ruhigen Gäste, die Reisenden, die zahllosen Besucher und Passanten, in ihrer Summe eine Erscheinung doch von gewaltiger Größe und von unausgesetztem Einfluß auf die Stadt, hinterlassen uns selten eine Spur.

Wir erfahren nur, daß der Rat sie im Auge behielt und den Wirten regelmäßige Anmeldung der bei ihnen übernachtenden Fremden befahl, wozu in sorglichen Zeiten eine scharfe Fremdenpolizei schon unter den Toren trat.

Zuweilen werden große Weltereignisse auch im kleinen Vorgang einer Zu- und Durchwanderung hier spürbar; die „Griechen“ z. B., die in den Jahren nach 1453 hier wiederholt sich zeigten und vom Rate beschenkt wurden, waren ohne Zweifel Flüchtlinge aus dem Untergange des griechischen Reiches.

Auch an die Reglementierung des fremden Kaufmanns ist zu erinnern und an die Ordnung des Pilgerwesens.

Aber wie arm sind diese Notizen neben der Fülle des gesunden Lebens selbst, während eine vielfältige Überlieferung uns das Lärmende Unruhige Verdorbene nahe bringt. So lernen wir beinahe nur das „Hudelmannsgesind und Bubenvolk“, die „üppigen unnützlichen“ Leute kennen. Auch im Namen „Müßiggänger“ findet die Mißachtung, die der auf Zucht Ernst und Arbeit haltende Stadtregent und Städter dieser Gesellschaft schenkte, gelegentlich ihren Ausdruck.

Es handelt sich hiebei um eine zu Wenigem taugende, jedenfalls politisch unwirksame und untätige Bevölkerung. Sie ist zum Teil in Basel ansässig; zum Teil fahrendes Volk, das hier ankehrt und nur eine Weile

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes erster Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1911, Seite 376. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,1.pdf/397&oldid=- (Version vom 10.11.2016)