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wie gleichgültig; daß diese Herren eine Zunft annehmen, geschieht wegen ihrer politischen Funktion, wegen Seelzunft oder Gesellschaft. Zuweilen findet die Singularität solcher Zunftbrüder auch Berücksichtigung: dem Stadtharnischer z. B. wird 1510 auf Verlangen des Rates die Eintrittsgebühr zu Schmieden erlassen; dem hochgelehrten Oswald Bär von Brisen Doktor und Apotheker bewilligt die Safranzunft 1513 im Hinblick auf seine Zugehörigkeit zur Universität, daß er den Nachtdienst in Geld und nicht mit dem Leibe zu leisten habe; aber Meister Hans Sigmund der Steinschneider wird 1507, da er die Geltenzunft kauft, um seiner Kunst willen von der Pflicht Hütens und Wachens überhaupt befreit. Ähnliches wird dem Herrn Hans Bürcklin 1509 und dem Herrn Ludwig Becherer 1523 zu Gärtnern, dem Deutschordenskomthur Ludwig Weitnauer 1530 zu Weinleuten, usw.

Deutlich unterscheiden sich hievon die sehr zahlreichen Fälle, in denen Gewerbsleute auf andern Zünften als derjenigen ihres Gewerbes betroffen werden. Es sind dies Fälle der Mehrzünftigkeit.

Diese kann politischen Motiven entspringen. Im Einzelnen aber scheint der starke Zuzug Anderszünftiger zu Gelten und zu Gärtnern nur aus ganz bestimmten Zuständen Vorzügen Vorteilen der Gesellschaften oder der Seelzünfte erklärt werden zu können, während die Mehrzünftigkeit zu Schlüssel Safran, auch Schmieden, wohl vorwiegend wirtschaftliche Gründe hat; dann ist sie weniger eine Organisation des Handels, als ein Beiseiteschieben der zünftischen Hemmungen zu Gunsten freien Handelns.

Aber hier fragen wir: wie setzten sich die Ansprüche des Gemeinwesens, wie das öffentliche Interesse der Zunft selbst und ihr Wille, der Wacht- und Heerespflicht zu genügen, mit der Mehrzünftigkeit auseinander?

Die Zünfte selbst scheinen die Mehrzünftigkeit begünstigt zu haben, wohl zur Stärkung ihrer Kräfte für die öffentlichen Funktionen. „Eine Zunft zieht der andern die Ihren ab“; sie sieht gerne Genossen einer andern Zunft bei sich und in ihrer Pflicht. Den hieraus folgenden Unordnungen und Zwistigkeiten zu begegnen setzte daher das Zunftmeisterkollegium 1440 fest, daß kein Zünftiger eine zweite Zunft solle erwerben können ohne Einwilligung seiner bisherigen Zunft, die er zuerst empfangen habe. Wurde aber dieser Konsens erteilt, was Regel und Übung gewesen zu sein scheint, und handelte es sich nun darum zu entscheiden, bei welcher der Zünfte zu dienen sei, so entschied hierüber die eidliche Erklärung des Betreffenden, „welcher Zunft oder Gewerbe er allermeist genieße“. Also wohin er in erster Linie gehörte, wo er seine Hantierung trieb, wo der Hauptteil seiner Tätigkeit war, da hatte er auch die Pflicht zur persönlichen Dienstleistung. Hier war

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes erster Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1911, Seite 395. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,1.pdf/416&oldid=- (Version vom 10.11.2016)