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durch die Zunft der Kaufleute und Tuchscherer zu Händen genommen. Das Zunfthaus zu Webern steht schon 1360 an den Steinen. Den Schiffleuten bewilligt 1402 der Rat den Bau des Zunfthauses am Rheine, das dann 1533 verbrennen wird.

Ob diese verschiedenen Übergänge mehr oder minder klar bezeugt seien, durchweg erkennen wir, wie die alte räumliche Trennung aufgegeben wird, wie Zunfthaus und Stube überall eins werden. Und zwar unter der Herrschaft der Zunft. Ihre stets wachsende politische Kraft und Wirksamkeit, ihre Stellung im Gemeinwesen zeigen sich hiebei deutlich. Sie setzt ihre Zwecke, ihre Beratungen, ihr tätiges und oft kriegerisches Leben an die erste Stelle, richtet neben der Trinkstube die Sitzungssäle, die Rüstkammer, die Kasse, das Archiv ein und ändert auch die Organisation, indem sie der Stubenverwaltung die bisher geübte Gerichtsbarkeit nimmt und dem Zunftvorstande vindiziert, jener nur die Rügepflicht über das Verhalten auf der Stube läßt. Das gesellige Stubenwesen wird Zunftwesen, gewinnt höheren Ton und öffentlichere Geltung. Bis zum Gerät in Stube Küche Keller erstreckt sich diese Wirkung; bisher wohl nur auf das wirkliche Bedürfnis eingerichtet, wird es jetzt ein Mittel, Reichtum Macht und Prunklust der stolzen Körperschaft zu zeigen.

Bei alledem aber lebt der Sonderbegriff der Stube weiter. Nebeneinander bestehen Zunftrecht und Stubenrecht, und für jedes gilt eine besondere Einkaufstaxe. In der Regel wurden natürlich beide Rechte sowie die Seelzunft erworben. Aber z. B. 1468 kaufte Ludwig Kilchman beim Schlüssel Gesellschaft und Seelzunft, nicht auch die Zunft. Ebenso im gleichen Jahre Jost Seiler und im Jahre darauf Hans Konrad Kilchman. 1485 zahlte dann Ludwig Kilchman noch vier Gulden darauf und hatte damit „die volle Zunft“. Und 1423 beschloß die Safranzunft: wer mit uns dient, aber nicht Geselle zum Safran oder zum Pfeffer ist, der soll vier Gulden zahlen, so hat er alle Rechte am Zunfthaus (Ballhof) gleich Andern. Conz von Hagental gab 1404 die Gesellschaft der Stube zum Römer bei den Schneidern auf, weil er zu den Kaufleuten ging; aber die Schneidernzunft behielt er bei.

Wie um der Leichenfolge und Jahrzeit willen Anderszünftige und Nichtgewerbliche eine Seelzunft aufsuchten, so um der geselligen Freuden und Vorteile willen eine Stube, und so sammelten sich auf den Zünften oft Stubengesellschaften, die sehr bunt gemischt waren; die Mehrzünftigkeit, von der schon die Rede war, hatte vielfach gar nicht gewerbliche, sondern sehr bestimmte soziale Gründe. Aber unumwunden wurde allezeit die Verschiedenheit

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes erster Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1911, Seite 399. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,1.pdf/420&oldid=- (Version vom 10.11.2016)