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die Anmaßung einer Gerichtsbarkeit durch die Gesellenschaften war es dabei zu tun; die Meisterkollegialität, die in den lokalen Zünften waltete, kam in diesen interurbanen Verbänden um so lebendiger zur Geltung, dem gemeinsamen Gegner die Spitze bietend, der flüssig, schwer greifbar, gleichsam überall und nirgends war. 1407 traten die Städte wieder den Schuhmacherknechten entgegen. Aber die Unruhe bemächtigte sich auch der andern Gewerbe, und 1408 erließen die Städte ein allgemeines Verbot von Gesellenschaften zwischen dem Hauenstein und Rufach. Von da an, Jahrzehnte lang, ließ die Erregung hüben und drüben nicht mehr nach. Sie ergreift auch uns noch in den Korrespondenzen der Räte, in den Berichten ihrer Gesandten; unaufhörlich finden Zusammenkünfte, „Maien“, bald der Meister bald der Gesellen statt, und neben diesen Verhandlungen hören wir wiederholt den lauten Lärm der Tumulte. 1413 verständigen sich die Kürschnermeister Basels Freiburgs Straßburgs Speyers Frankfurts usw. über die Währschaft beim Pelzhandel; 1420 hat der Rat zu Basel zahlreiche Schmiedegesellen in den Gefängnissen, weil sie sich gegen die Meister vergangen; 1421 straft er einen wilden Auflauf der Sporerknechte; er muß die Kürschnerknechte maßregeln; er kassiert die Ordnung vom Gesellentag zu Breisach; er schreitet gleichermaßen, gegen die Seilerknechte ein, die in Basel solche Versammlungen gehalten haben, und fordert die Städte zu gemeinsamen scharfen Maßregeln auf. Es ist dasselbe Jahr 1421, das auch die Gewalttätigkeiten der Bäckergesellen in Freiburg, die Begehren der Schuhknechte in der Ostschweiz erlebt. 1424 nimmt der Basler Rat Teil am Niederschlagen des Schuhmacherzwistes zu Baden und mahnt die Freiburger aufs neue zur Schärfe gegen die Seiler, die wieder rumoren, Tage halten und die Werkstätten sperren. Er erkennt klar die Bedeutung dieser Dinge, die Notwendigkeit gemeinsamen Handelns. Mit außerordentlicher Sorgfalt treten die Städte Allem entgegen, was auf Absonderung Gemeinsamkeit Organisation der Gesellen weist, bis zur Kleidung hinab. Sie verbieten ihnen das Tragen weißer roter und geteilter Schuhe; ein Handwerksknecht soll überhaupt nur in schwarzen Schuhen gehen; mehr als drei Gesellen dürfen nicht die gleichen Gugelhüte Röcke Hosen haben. Aber seit den 1430er Jahren wird es in den Akten stiller von diesen Dingen. Wir vernehmen noch hie und da Zänkereien, aber keine prinzipiellen Kämpfe. Namentlich der alte Streitpunkt der Gerichtsbarkeit zeigt sich nicht mehr; die Gesellen scheinen diese Ambition fallen gelassen zu haben.

Auch treten die provinzialen Abmachungen zurück; im geschlossenen Bereiche der Stadt steht das Bild der Gesellenbruderschaft deutlicher als früher vor uns. Denn der Drang zum Verbande war unmöglich zu hemmen, höchstens zu

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes erster Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1911, Seite 403. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,1.pdf/424&oldid=- (Version vom 10.11.2016)