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Auch jeder Fremde konnte Wein nach Basel führen, hier einlegen und frei von der Zunft ausschenken, „da das unser Stadt Nutz bringet“; nur für das Ausmessen mußte er den Zunftknecht beiziehen.

Dagegen gehörte der Ausschank nicht zu den Befugnissen der Gast- und der Kochwirte. Unter diesen gelangten nur allmählich gewisse Herbergen, die sog. Herrenwirte, dazu, Wein für ihre Gäste einlegen und diesen ausschenken zu dürfen, wogegen sie zu Weinleuten zünftig werden mußten. Die übrigen Wirte besaßen das Weinrecht nicht und mußten den Wein, den ihre Gäste verlangten, außer dem Hause beim offenen Zapfen kaufen; nur für die eigene Familie und das Gesinde durften sie Wein im Keller haben.

Der Weinhandel, Weinverkauf im Großen geschah, soweit er nicht in den Kellern vor sich ging, auf dem Marktplatze. Hier zeigte der „heiße Stein“ vor dem alten Rathause den Bezirk des Weingeschäftes, bei dem wir vor Allem an Einfuhr aus Sundgau und Breisgau und große Weinlieferungen in die Eidgenossenschaft zu denken haben. Weimnarkttage scheinen Donnerstag und Freitag gewesen zu sein.

Weinausschank und Spedition waren jedoch zu Zeiten still gestellt durch das alte Recht des Bannweins, kraft dessen vom Montag nach dem Kreuztag im Mai (3. Mai) an während sechs Wochen Niemand hier Wein verkaufen durfte als der Bischof oder Derjenige, dem er dies gegen eine Abgabe erlaubte; 1313 hatte Bischof Gerhard dieses Recht an die Stadt verpfändet; noch gegen Ende des Jahrhunderts sehen wir den Rat davon Gebrauch machen und die Bannweinabgabe einnehmen.

Alle diese Ordnungen reden von einem Weinwesen, dessen Bewegtsein und bunte Fülle wir uns nicht genügend vorstellen können. Wir beachten die außerordentliche Beflissenheit, mit der diese Dinge durch den Einzelnen sowie von oben herab behandelt werden, die laute Öffentlichkeit des ganzen Treibens. In das Geschäfts- und Händlertum mischt sich überall Behagen und Genußfreude, und was Enea Silvio von den Wiener Bürgern erzählt, die selbstgezogenen Wein ausschenken und hiefür in ihren Häusern Trinkstuben einrichten mit guter Küche dabei, mit Zechbrüdern und gefälligen Mädchen, mag auch von den Baslern gelten; sogar in des Bürgermeisters Hof kommt es 1395, da er seinen Bettinger ausschenkt, zu einer Schlägerei zwischen Bauern und Schuhmachergesellen. Auffallend häufig stehen im Leistungsbuch die Weinrufer als Urheber von Skandal Schlägereien u. dgl.

Hinter dem Allem aber zeigt sich als das Ruhige Regelmäßige und Allverbreitete der Weinbesitz eines jeden irgendwie vermöglichen Einwohners, der gefüllte Keller für den Hausbedarf; daß Hans Holbein in den ersten

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes erster Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1911, Seite 437. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,1.pdf/458&oldid=- (Version vom 10.11.2016)