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In diesen Streit wirtschaftlicher Bedürfnisse und Kräfte griffen nun noch andre Wirkungen, in den prinzipiellen Kampf traten persönliche, durch das Verhalten Einzelner entflammte Leidenschaften. Wir erinnern an den vielgehaßten Emporkömmling Heinrich Rieher, an die Kornspekulationen des Hans Bär, an den großen Münzfälschungsskandal von 1474, dessen Schuldige zum Teil dieselben Männer waren, die durch ihr Aufkaufen die Baumwolle, die Wolle, das Leder usw. verteuerten. Und wie viel einzelne Übervorteilung und Vergewaltigung geschah daneben noch im Bereiche des kleinen täglichen Handels, deren schwache Spuren wir höchstens in den Gerichtsprotokollen finden. Alles dies aber war getragen durch eine allgemeine Erregung, durch das im Einen als unruhige Hoffnung, im Andern als Furcht lebende Gefühl, daß Gesellschaft Arbeit Stadt Welt geändert würden. Von den Volksunruhen des Jahres 1479, von den unaufhörlichen Bewegungen der Parteien während der 1480er Jahre ist schon früher die Rede gewesen.

Auf dem weiten Kampfplatz standen sich mehr als nur diese zwei Widersacher Handel und Handwerk gegenüber. Auch die politischen Gruppen und die sozialen Schichten drängten zum Streite. Das ganze Publikum erhob sich gegen die Monopole, weil sie ihm das Leben verteuerten; und diese Opposition hatte auf dem speziellen Gebiete des Bankwesens schon jetzt einen Erfolg, indem 1491 dem privaten Monopol der Hausgenossen gegenüber die Gründung einer städtischen Bank, des Stadtwechsels, bestimmt in Aussicht genommen wurde. Am lautesten schrieen in diesen Jahren die kleinen Krämer und Händler: über die großen Kaufleute, einst ihre Genossen, die sich nun in die Höhe gebracht hatten und sie niederdrückten, Gesellschaften bildeten, unsaubrer Hände verdächtig waren; mehr noch vielleicht über die Handwerker, die sich zu Kaufleuten machten, mit Tuchhandel Eisenhandel usw. der Krämerei schwere Stunden bereiteten.

Die Beschwerden dieses kaufmännischen Mittelstandes, der Detaillisten, führten zunächst zur Erneuerung des Verbotes, anderswo als im Kaufhauses en gros zu handeln, 17. Mai 1491. Namentlich aber brachten sie zum ersten Male den Gegensatz von werbender und werkender Hand, von Kaufmannschaft und Handwerk, zu prinzipieller Erörterung. Schon 1478 hatten die Händler solche Klagen im Rate laut werden lassen; 1491 errangen sie eine Regelung: am 18. April beschloß der Rat, daß, wer mit eigner Hand oder durch Knechte ein Handwerk treibe, ausschließlich dieses und sonst keinerlei Gewerbe noch Kaufmannschaft treiben solle. Als Motiv wurde genannt, daß die Handwerkleute bisher der werbenden Hand viel Schadens zugefügt hätten; wohl mehr der Gerechtigkeit und formellen Gleichheit zu

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes erster Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1911, Seite 530. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,1.pdf/551&oldid=- (Version vom 28.11.2016)