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Unruhig schauen Bischof und Kapitel nach Helfern aus. Den Legaten in der Schweiz bitten sie um Verwendung beim Papste; durch das vorderösterreichische Regiment suchen sie den Kaiser für ihre Sache zu gewinnen; sie schreiben dem mächtigen kaiserlichen Rate Matthäus Lang; sie instruieren den Johannes Schütz, Prokurator in Rom; sie rufen vor Allem ihren Mitkanoniker Lux Conrater zu Hilfe, der auf seiner Pfründe in Konstanz sitzt, aber Menschen und Dinge in Rom besser kennt als die Andern. Er gibt guten Rat und vermittelt. Über Chur und Mailand und durch die Filiale der Fugger laufen die Eilbriefe der Basler an den päpstlichen Hof.

So gut wir informiert sind über die Tätigkeit des Domkapitels, so wenig vernehmen wir von den Verhandlungen in Rom selbst. Was die Stadt an Privilegien zu erlangen vermochte, haben wir gesehen. Durch die Mehrzahl wurden die Interessen des Domkapitels nicht berührt. Nahe trat ihm einzig die am 20. Dezember 1512 vom Papst ausgesprochene Kassation des alten Kapitelstatuts, daß ein Basler niemals Aufnahme im Domkapitel finden solle; aber es war dies ein rein formeller Sieg der Stadt. Das Kapitel respektierte diese Verfügung nicht und hielt nach wie vor Kandidaten baselischer Herkunft fern. Im Übrigen kennen wir mehrere Begehren des Rates, mit denen er beim Papst unterlag; sie gingen auf Besteurung aller, auch der geistlichen Einwohner; auf Ablösung der Ewigzinse; auf Übergang des Wahlrechts in den Papstmonaten an den Rat. Jedenfalls hat zu solcher Ablehnung die Einsprache des Domkapitels beigetragen. Um so mehr sah sich der Rat durch diese Erfahrung getrieben, künftig nicht mehr zu fragen und zu bitten, sondern im Bereiche seiner Macht selbständig zu handeln.

Zunächst tat er dies gegenüber den „Hofsverwandten", d. H. den Beamten der geistlichen Gerichte und der Domstiftsverwaltung. Das Verhältnis dieser Curialen zum Gemeinwesen war schon lang ein Gegenstand von Streit und Verhandlung. Aber erst die durch den Bund von 1501 geschaffene Erweiterung des öffentlichen Lebens und die Steigerung städtischen Machtgefühls führten zu durchgreifender Ordnung. Schon im Jahre 1502 war die Frage der Bundesbeschwörung durch die Prokuratoren und Schreiber der Curie bis vor die Tagsatzung gebracht worden; die vielen Heerzüge verlangten wiederum einen Entscheid darüber, wie mit diesen Leuten zu verfahren sei. Mitten im Drange der kriegerischen Rüstungen des Sommers 1515, da eine Aushebung der andern folgte, beschloß der Rat, die Curialen nicht länger von den städtischen Bürden zu dispensieren. Am 25. Juni verfügte er, daß sie von nun an den Bürgern gleichzustellen seien und

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 83. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/104&oldid=- (Version vom 1.8.2018)