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Jahre war dieser Unwille besonders laut geworden; und die Listen dieser Züge zeigen uns in der Tat die Berechtigung des Vorwurfes, daß die Stubenherren den Kriegsdienst vernachlässigt hätten, anders als ihre Vorfahren, „die in allen Kriegs- und andern Nöten dem gemeinen Gute tröstlich erschienen seien“.

Wir erinnern uns an die Vorgänge der 1440er Jahre. Wie damals war auch jetzt kriegerisch erregte Zeit. Auch damals war der Sturm der Gemeinen wider die Geschlechter gegangen. Wie damals geschah auch jetzt die Verhandlung im Rat unter Ausschluß der Mitglieder von der Stube. Als Diese vernahmen, worum es gehe, begehrten sie gleichfalls zur Sache zu reden. Man antwortete mit dem Verlangen, sie sollten die Dokumente vorweisen, auf denen ihr Recht ruhe. Aber sie vermochten nichts Schriftliches zu produzieren, bezogen sich auf die alte Übung.

Da berief der Rat die Sechser, den Großen Rat, und in dessen Sitzung am 8. März 1515 erging der Beschluß: Das bis dahin ausschließlich aus der Hohen Stube besetzte Unzüchtergericht wurde zu der Stadt Handen genommen; es sollte fortan aus dem ganzen Rate besetzt werden. Gleicherweise wurde das bisherige Übergewicht der Stubenherren in Siebneramt und Dreizehnerrat aufgehoben; diese Kollegien, sowie alle übrigen und das Gericht, sollten frei aus dem Rate besetzt werden, ohne Unterschied zwischen Stube und Zünften. Bei Gesandtschaften sollten Die von der Hohen Stube nicht mehr drei Pferde auf gemeine Kosten haben, sondern gleich den Zünftigen zwei. Wichtig dann aber, wie in diesem Beschlüsse noch über das Politische hinausgegriffen wurde. Er rührte an den Bestand der Stube selbst. Stadtwirtschaftliche und soziale Interessen drängten sich heran und setzten durch, daß der Eintritt eines Zünftigen in die Stube künftig nur möglich sein sollte unter Abgabe eines Zehntels seines Vermögens an die Stadt, sowie daß ein Stubenherr nicht mehr wie bisher ohne weiteres sein Geld in ein Gewerbe leihen und Gewinn und Verlust davon haben könne, sondern diejenige Zunft anzunehmen habe, der das Gewerbe angehöre.

Auf solche Weise wurde die Hohe Stube aus ihrer seit Jahrhunderten behaupteten Stellung verdrängt. Sie hörte auf, eine besondere politische Institution Basels zu sein. Wenn außerdem der Übergang von der Zunft in die Stube sehr erschwert und die Commanditierung zünftiger Gewerbe durch Stubenherren verhindert wurde, so trieb hiezu der Wille, das Abhandenkommen zünftischen Geldes in der Stube durch Heirat oder sonst unmöglich zu machen, sowie der Neid der niedern Zünfte, die den obern die Stärkung durch das Geld patrizischer Gemeinder nicht gönnten. Die Wirkung war

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 85. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/106&oldid=- (Version vom 1.8.2018)