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Jegenstorfer Kirche 1515 oder kurz nachher, 1519, das herrliche Fenster mit dem Stadtwappen und dem Englischen Gruß im Chore zu St. Leonhard. Auch das in wahrer Profusion zur Austeilung kommende weißundschwarze Tuch gehört zur Fülle dieses Lebens, gleich wie das Prunken mit silbervergoldeten Läuferbüchsen und großen kostbaren Fahnen der Ratstrompeten. Es sind Stimmungen, die sich in Einzelheiten verraten wie dem Golde des Baselstabes, das die ihres Glanzes bewußte Stadt sich 1512 vom Papste, und dem Golde der Baselmünze, das sie sich kurz darauf vom Kaiser bewilligen läßt. Auch die ungewohnt breiten und weihevollen Staatszeremonien dieser Jahre — die Bestattung des Bürgermeisters Offenburg, die Universaljahrzeit für die in den italiänischen Schlachten Gefallenen, der Trauergottesdienst für Kaiser Max — sind Bezeugungen der die ganze Existenz beherrschenden großen Form.

In merkwürdiger Weise wird dem Ruhme des Jahres 1512 ein Denkmal gesetzt in einer die Linde auf der Pfalz umgebenden Steinbrüstung; sie erhält eine von Glarean verfaßte Inschrift in klassischen Metren, die den Reiz des Ortes preist, unter Invocation der erlauchten Namen Julius und Maximilian.

Monumentale und dauernde Verkörperung des in diesem Regimente lebenden Geistes aber ist der Rathausbau.


Auf allen Gebieten des Staatswesens werden höhere Ansprüche und Fähigkeiten wach. Schon im Tone verraten sie sich, den die Schreiben des Rates jetzt annehmen und der jedenfalls auch in Reden seiner Gesandten laut wird. Nicht allein um den Forderungen dieser großen Geschäfte zu genügen; auch unter der Wirkung eines neuen Formgefühles und einer erhöhten Bildung. Der Kanzleibrauch folgt dem Wesen und Wachsen der öffentlichen Dinge überhaupt. Massen von neuen Interessen, von neuen Plänen Obliegenheiten Geschäften nehmen Rat und Kollegien in Anspruch. Wir vernehmen, daß 1513 die Ratsbesoldungen erhöht werden, weil die Arbeit so sehr gewachsen ist. Wir haben vor uns das Anschwellen der Scripturen, und die knappen Rechnungsnotizen lehren, wie häufig die Gesandtschaftsreisen sind. Sie gehen zuweilen bis in die höchsten Regionen der damaligen europäischen Staatenwelt. Und welcher Formenreichtum strömt aus diesem Verkehre noch heute! Neben die unbeholfenen Schreiben deutscher und eidgenössischer Behörden schieben sich stets häufiger die elegant gefaßten und auch äußerlich feinen Briefe aus St. Germain, aus Amboise, aus Mailand, aus Rom. Ihr Gegenstück sind die immer zahlreicher werdenden

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 97. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/118&oldid=- (Version vom 1.8.2018)