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Brants sowie seine reiche Privatbibliothek. Außerdem aber wirkte aufs Stärkste in ihm die Kirche, das geistliche Amt; über den Widerstand des Domkapitels hinweg und den bestehenden Statuten zum Trotz gewann er 1474 eine Domherrei am Münster; nach Bernhard Öglin versah er über ein Jahrzehnt hin die Stelle des bischöflichen Offizials; daneben besaß er von 1473 an bis zu seinem Tode 1517 die Muttenzer Familienpfarrei der zum Luft. Wir übersehen endlich auch nicht einen aus der frühern großen Zeit der Fakultät Übriggebliebenen: den Herrn Friedrich von Guarletis. Er hatte vor bald einem halben Jahrhundert das Studium des römischen Rechts in Basel begründen helfen, dann den Niedergang dieses Studiums erlebt und war immer noch da. Einst der vornehmste der Basler Professoren gab er jetzt vor Allem durch seine Schulden zu reden; als er 1510 starb, kam es auf Verlangen seiner vielen Kreditoren zur gerichtlichen Besorgung des Nachlasses. Einer seiner Schwiegersöhne, Gerhard de Lupabus, versah eine juristische Lektur; bekannter ist er geworden als Freund des Erasmus und als Schloßherr zu Bottmingen.

Andre Figuren regen sich bei den Theologen: Phrygio und Wytlenbach und Ludwig Bär. Von diesen Dreien werden wir anderswo zu reden haben. Dagegen beschäftigt uns hier der vielgenannte Mathis Hölderlin (Sambucellus). 1513 trat er als Doktor in die Fakultät ein. Er war auch Kaplan zu St. Peter und zeitweise Pleban des Domstifts. Von seiner Theologie wissen wir nichts; aber in der Matrikel lesen wir Jahr um Jahr die durch ihn jedem neuen Rektor gewidmeten Strophen und ebenso in der Basler Bibelausgabe von 1509 sowie in Murners Studentenspiel seine Verse. Daß er dem Sebastian Brant nahe stand und ihn zur Dichtung seiner Oden auf die Passion, zur Edition von Freidanks Bescheidenheit trieb, gibt seiner Gestalt eigenen Reiz und hebt ihn aus dem Kreise der übrigen Universitätsleute. Denn auch zu Jacob Locher hatte er Beziehungen, und dem Leontorius war er vor andern teuer. All das sind Äußerungen eines neuen Geistes, und wir dürfen fragen, ob nicht bei dem Lehrer der Poesie, von dessen Anstellung 1507 geredet wurde, an Hölderlin zu denken sei. Jedenfalls ist von Interesse, daß im berühmten Kampf über die antiken Dichter auch Hölderlin den Angriffen Wimpfelings ausgesetzt war. Desselben Wimpfeling, mit dem er kurz vorher über den Priesterkonkubinat gestritten hatte.

Das an sich kümmerliche Bild des medizinischen Studienbetriebes gewinnt Leben und Ausdehnung durch Beachtung auch der Praxis. Diese unterstand der Aufsicht der Fakultät. Sie war ein Teil ihres Daseins, in

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 130. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/151&oldid=- (Version vom 1.8.2018)