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aus Lyon vermitteln, von der Frankfurter Messe seinem Freunde Leontorius Brillen und den Engentaler Klosterweiblein Wohlgerüche und Spezereien bringen, auswärtigen Bekannten das Einbinden von Büchern in Basel besorgen, u. dgl. m.

Das Wesentliche ist doch die Gesamterscheinung, das Verbundensein so vieler Genien, die vereinte Leistung, das „musische“ Leben dieser Menschen.


Die Tätigkeit Johann Amerbachs und seiner Genossen war höchste Entwickelung derjenigen Zeit, in der Heynlin Brant u. A. gewirkt hatten. Jetzt sehen wir auch diese amerbachische Periode ihrem Ende zugehen und eine neue Woge geistiger Lebenskraft sich erheben.

Leontorius und Petri starben 1511, Cono und Johann Amerbach starben 1513. Diesem Verschwinden antwortete sofort das Erscheinen neuer Gestalten. Johann Froben trat an die durch Amerbach leer gelassene leitende Stelle, Rhenanus zog 1511 nach Basel; im gleichen Jahre nahm Urs Graf hier festen Wohnsitz; von 1512 an kamen, rasch sich folgend, Ludwig Bär Glarean Erasmus Hans Holbein Capito Ökolampad. Ein Wechsel der Personen vollzog sich, der zugleich Ausdruck eines Wandels allgemeiner Gedanken und Anschauungen war.

Das Wesen dieses einzigen Momentes, in dem zwei Perioden sich schieden, ist sinnfällig durch ein Einzelfaktum charakterisiert: die gleichzeitige Basler Publikation der zwei Sentenzensammlungen, des Petrus Lombardus durch Adam Petri im Juli 1513, des Paolo Cortese durch Johann Froben im August 1513. Die beiden Sammlungen, hier nebeneinander in die Welt tretend, konnten als Gegensätze gelten. Des Lombardus Sentenzen waren das dogmatische Lehrbuch des Mittelalters, völlig scholastisch in Anlage und Form; diese Basler Ausgabe geschah auf Kosten des Ludwig Hornken in Köln und wurde besorgt durch den Barfüßer Daniel Agricola. Cortese dagegen wollte die Theologie mit der Eloquenz verbunden sehen, seinen Sentenzen Klarheit und gute Latinität geben; Konrad Peutinger hatte sein Werk in Rom kennen gelernt und ließ es nun unter Rhenans Vermittlung durch Froben drucken. Alte und neue Zeit, alter und neuer Geist standen sich gegenüber, und dem entsprach auch das Äußere der beiden Werke. Neben dem herkömmlichen, noch ganz inkunabelhaften Lombardus erscheint Cortese in Druck und Zierrat wie das Produkt einer völlig veränderten Welt des Geschmackes; seinen Titel begleiten die Gestalten der Humanitas und der großen Dichter und Rhetoren des Altertums.

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 143. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/164&oldid=- (Version vom 1.8.2018)