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und Geltung zu haben. An der Universität ist er nicht allein der princeps theologorum, sondern der anerkannte erste Vertreter der Anstalt, wiederholt Rektor und nach Arnold zum Luft und Capito Vizekanzler. Aber auf der andern Seite hat er gleichfalls Heimatrecht; wenn von den Basler Humanisten die Rede ist, steht er neben Erasmus Rhenanus Capito in der vordersten Reihe. Von seinen Kollegen Fininger Gebwiler u. dgl. scheidet ihn die Fähigkeit freiern Denkens, die über das gewöhnliche Theologenmaß hinausgehende Bildung. Wie stark sein wissenschaftlicher Eifer und wie modern seine Gesinnung, zeigt sich z. B. daran, daß er bei einem seiner Pariser Ferienaufenthalte in Basel sich durch Pellican in das Hebräische einführen läßt. Die erasmische Ausgabe des Neuen Testamentes sodann trifft ihn ins Herz; leer und spielerisch erscheint ihm jetzt alle die Kunst seines scholastischen Wissens.

Das ist Ludwig Bär, der vertraute Basler Freund des Erasmus und Diesem in der Art verwandt. Daneben dauernd und über Alles hinweg mit Aleander befreundet.

Natürlich geht das Wesen eines solchen Mannes in Kirche und Gelehrsamkeit nicht auf. Er hat auch politische Qualitäten. Er ist Bürger der Stadt und Sohn eines Ratsgeschlechtes. So sehr kommt dies zur Geltung, daß er nach seiner Heimkehr von Paris den erstrebten Eintritt ins Domkapitel nicht erlangen kann, trotz der Empfehlung durch den Rat und der allgemeinen Verfügung des Papstes von 1512. Andrerseits hat seine Erhebung zur Propsteiwürde bei St. Peter 1518 keineswegs nur interne stiftische Gründe; sie wird durch den Legaten Pucci durchgesetzt und ist zu werten als kirchenpolitische Maßregel der Curie, als Mittel des Kampfes wider Luther und dessen Propaganda, zugleich als Gunsterweisung an die durch Jacob Meyer, den Schwager Bärs, geführte päpstliche Partei im Rate.


Neben die in Paris gebildeten Rhenanus und Bär treten von Deutschland her Andere.

Wolfgang Fabricius Capito, 1472 in Hagenau geboren, hatte seine Studien in Freiburg und Ingolstadt gemacht und war 1512 Prediger beim Stifte Bruchsal geworden. Von dort kam er im Frühling 1513 nach Basel. Wohl durch Pellican veranlaßt, der ihn kurz vorher in Bruchsal besucht hatte. Bei dem gerade in Basel anwesenden Matthäus Adrianus scheint er Unterricht im Hebräischen erhalten zu haben. Sein erkennbares Basler Leben beginnt jedoch erst 1515, in welchem Jahr ihm die Prädikatur am Domstift übertragen wurde. Es war die Stelle, an der Johann Kreuzer,

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 148. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/169&oldid=- (Version vom 30.4.2018)