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Basel hatte nur eine Station auf dem Wege nach Italien sein sollen. Aber Erasmus kam nicht weiter. Die Stadt tat sich ihm auf. Er fühlte sich gewonnen. Mit welchen Empfindungen, hat er damals gegenüber Wimpfeling in einem Briefe voll prächtig bewegten Lebens ausgesprochen. Ein anderer Brief ging in den ersten Basler Tagen an Reuchlin, den er darin pries als die Zierde und das einzige Licht Germaniens. Sinnvoll ließ Erasmus diese Huldigung an den großen deutschen Humanisten sein Erstes in Basel sein. Indem er hier Fuß faßte, wurde er selbst wirklich ein Deutscher.

Auf solche Weise geschah der Eintritt des Erasmus in unsere Stadtgeschichte. Von da an war er dem Orte Basel nicht mehr entfremdet trotz langen Absenzen. Er blieb hier, auch abwesend, Fürst und Führer. Etwas unwiderstehlich Hinreißendes liegt in der ersten erasmischen Zeit Basels, in diesem Kommen und Gehen und Wiederkommen des einen Mannes. Welche Wirkung strömte von ihm aus, wenn er hier war, und welche Erfahrungen und auch Maßstäbe brachte er immer wieder, wenn er kam! Basel vermochte dies Alles zu bemeistern und zuletzt den Erasmus dauernd festzuhalten. Es stellte ihm Pressen und Buchhandel zur Verfügung; es führte ihm Menschen in Fülle zu; es gewährte ihm die den Studien nötige Ruhe und Anmut; es zeigte ihm das rheinische Behagen des Daseins.

In drei Gruppen schließen sich nun diese spätern Jahre des Erasmus zusammen.

Ihre erste, vom August 1514 zum Mai 1516 reichend, läßt ihn mit Ausnahme weniger Monate des Jahres 1515 (März bis Juli), die ihn durch die Niederlande nach England führen, in Basel leben. Sie begründet seine Basler Existenz und gibt der humanistischen Sodalität Basels ihre Gestalt. Sie ist ausgezeichnet vor Allem durch die Publikationen des griechischen Neuen Testamentes und des Hieronymus, ferner des Seneca, der Grammatik des Gaza, des Traktates von der institutio principis christiani.

Fünf Jahre sodann, vom Mai 1516 zum November 1521, gehen für Erasmus großenteils in den Niederlanden hin, namentlich in Löwen, wo er die Stiftung des Busleidischen collegium trilingue zur Verwirklichung bringt. Im Frühling 1517 ist er in England, zum letzten Male. Zwischenhinein, vom Mai zum September 1518, weilt er in Basel und besorgt die zweite Ausgabe des Neuen Testamentes.

Charakterisiert ist diese zweite Periode durch außerordentliche Bewegung und Tätigkeit. Von allen Seiten kommen Einladungen und Rufe; König Franz will ihn nach Paris ziehen, der bayrische Herzog nach Ingolstadt, der sächsische nach Leipzig. Er erhält eine Kanonikatspfründe in

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 156. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/177&oldid=- (Version vom 1.8.2018)