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In solcher Weise war Ökolampad schon bekannt, als er — nach einer Predigertätigkeit in der Heimatstadt und Studien in Tübingen und nochmals in Heidelberg — am 21. September 1515 in Basel eintraf. Er hatte den Ruf gründlichen theologischen Wissens sowie nicht gemeiner Kenntnis der drei Sprachen. Erasmus und Froben, die für die Edition des Neuen Testamentes Arbeiter suchten, waren wohl durch Wimpfeling Zasius Reuchlin zur Berufung des gelehrten Weinsberger Predikanten vermocht worden. Jetzt kam er; ein Brief des Johann Sapidus in Schlettstadt führte ihn bei Erasmus ein.

Er erhielt Wohnung in Frobens Hause zum Sessel, zusammen mit dem gleich ihm berufenen Nicolaus Gerbel. Das waren die duo probi docti, die zwei braven Gelehrten, von denen die Rede ist. Als ihre Aufgabe galt das Zurechtmachen der Druckvorlagen und das Berichtigen des Satzes. Außerdem hatte Ökolampad „allerhand hebraica in die annotationes einzustreuen, um die Ausgabe vor einem Nachdrucke möglichst zu schützen, und die annotationes zu prüfen, ob sich keine Ketzereien eingeschlichen hätten“.

Neben dieser ernsten und verantwortungsreichen Arbeit ging einher das theologische Studium an der Universität; Ökolampad war zugleich mit Capito immatrikuliert worden. Aber schon im März 1516 ging er wieder nach seinem Weinsberg; er wollte die noch nötige Vorbereitung zur Lizenz dort erledigen.

In Basel ließ er das monumentale, von ihm mitgeschaffene Werk des Neuen Testamentes und seine berühmten Freunde. Wie oft mochte er sich in der Enge, in der Dürre seines Städtchens nach den geistigen Freuden sehnen, die im großen reichbewegten Basel ihm beschert gewesen waren.

Von Nicolaus Gerbel, dem Genossen Ökolampads, ist wenig zu sagen. Seine Gestalt tritt hier zurück. Was ihn auszeichnet, liegt vor seiner Basler Zeit und nach ihr. Reichbewegte Studienjahre, mannigfaltige gelehrte Tätigkeit in Wien Köln Tübingen, die Ausbildung im Griechischen durch Georg Simler in Pforzheim, eine italiänische Reise mit dem in Bologna erlangten juristischen Doktorat, Alles hatte der Dreißigjährige hinter sich, als er aus seinem Korrektorendienste bei Schürer in Straßburg herausgerissen wurde für einige Arbeitswochen in Basel bei Froben und für Erasmus. Am 21. September 1515 trat er zusammen mit Ökolampad die Arbeit an, die er aber, zu des Erasmus Ärger, nur nachlässig besorgte; im Dezember kehrte er nach Straßburg zurück.

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 183. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/204&oldid=- (Version vom 1.8.2018)