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Die lebendigste kräftigste Figur Aller aber ist Jacob Nepos (Näf).

Ein geborner Tettnanger, der für uns aber nicht in Schwaben und nicht am Oberrhein auftritt, sondern in Antwerpen bei Erasmus, 1516. Er ist dessen Famulus, dessen Sekretär, durch Fähigkeiten Kenntnisse und eine sehr schöne Handschrift zu diesem Dienste geeignet.

Im Mai 1517 läßt Erasmus durch ihn die Utopia des Thomas Morus zu Froben nach Basel bringen, und im Herbste 1518 soll er dort die zweite Ausgabe des Neuen Testamentes korrigieren. Um der Trefflichkeit dieser Arbeit willen hält ihn Froben fest und beschäftigt ihn weiter. Zum hohen Nutzen der Offizin. Denn dieses Männlein, der homuncio, der Pygmäe, wie die Kollegen spotten, bewältigt Alles in einer Weise, daß sogar Rhenan sich wundert und ihn über alle Andern erhebt.

Als frobenischer Korrektor hat Nepos von da an seine Heimat in Basel. An zahlreichen Drucken dieser Jahre, an Werken des Erasmus, des Rhenan, des Luther ist er beteiligt. Sein Name geht durch die damaligen Briefe als der eines dauernd vorhandenen, nicht wegzudenkenden Organes im großen Bereiche dieser Produktion; auch im Verkehre mit Auswärtigen, im Vermitteln von Büchern u. dgl. begegnet uns Nepos.

Aber dabei ist er voll Unbehagen und Unruhe. Er möchte aus der Tretmühle befreit sein, unter deren Zwang auch Bruno Amerbach geseufzt hat. Er möchte seine Korrektorstelle aufgeben. Er möchte überhaupt Basel verlassen und zu Zwingli gehen, bei dem er aufrichtiges Wohlwollen zu finden glaubt. Lauter Wünsche, die sich nicht erfüllen. Er bleibt in Basel, er bleibt Korrektor, er will zunächst die Ankunft seines Herrn Erasmus abwarten. Und inzwischen vergräbt er sich in griechische Studien. In ihnen findet er Ruhe und Genügen. Sum totus in Homero.

Aus diesen Studien erwuchs ihm nun aber der Entschluß, zu lehren und in Schülern die Genossen zu gewinnen, nach denen er verlangte. Er behielt die Korrektorstelle; daneben aber begann er Vorlesungen an der Universität und eröffnete außerdem, nach dem Beispiele Glareans und Andrer, im Frühling 1520 eine Lehranstalt mit Konvikt. Im Zusammenhange damit stand die Gründung eines eigenen Hausstandes, durch Heirat mit der schönen Tochter des Buchdruckers Michael Furter.


Wir haben die Hauptkräfte, die einzelnen Gestalten und Gruppen kennen gelernt, die das humanistische Leben in Basel während der beiden großen Jahrzehnte bestimmen.

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 185. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/206&oldid=- (Version vom 1.8.2018)