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er wiederholt Basel. Hier in eben diesem Zentrum Köln endlich hat auch der Antwerpner Buchhändler Franz Birkman eine Niederlage; in großartiger Weise vermittelt er den internationalen Austausch, er ist für Basel wichtig als Socius des frobenischen Betriebes; diese Beteiligung, die nach dem Tode Lachners besonders stark wird, gilt namentlich dem Absatz am Unterrhein, in den Niederlanden und in England.

Höchst lebendig in diesem Gesamtbild eines großen Aufeinanderwirkens ist die Bewegung im Einzelnen, der Wechsel von Emporkommen und Vergehen. In den schönen Jugendtagen der Basler Universität und des Basler Humanismus haben wir den Johann Reuchlin als einen Teilnehmer kennen gelernt; vierzig Jahre später stand er im Glanze weitverbreiteten Ruhmes und mitten in der Erregung des großen Geisterkampfes, der aus einem Streite Reuchlins mit den Kölner Dominikanern entstanden war. Gerade jetzt kam Erasmus nach Basel, im Sommer 1514, und das Erste, was er hier tat, war ein Brief an Reuchlin. Aber Dieser hielt sich merkwürdig zurück. Auf wiederholte Schreiben des Erasmus gab er keine Antwort. Erasmus trat sogar in Rom selbst, bei Papst Leo und den Kardinälen Riario und Grimani, zu Gunsten Reuchlins ein, dessen Kölner Sache vor der Curie lag. Möglicherweise war Reuchlin wegen der Hieronymusausgabe verstimmt, deren Leitung nun dem Erasmus zufiel. Schon vorher hatte er, der lange Zeit der große Einzige gewesen, in Cono, ja auch in Bruno Amerbach Nachfolger heranwachsen sehen; jetzt vollends mußte er sich sagen, daß er der Niedergehende sei neben dem mächtig aufsteigenden und ihn aus der Führung des deutschen Humanismus verdrängenden Erasmus.

Wir nehmen Ähnliches an andrer Stelle wahr. Zur selben Zeit, da Sebastian Brant nach Straßburg gezogen war und junge Basler in der Schlettstädterschule Dasjenige suchten, was in der Heimat sich noch nicht darbot, faßte der Elsässer Pellican Fuß in Basel und rüstete Johann Amerbach die großen Unternehmungen, die den Cono nach Basel riefen. Um bei Cono zu sein, wurde Rhenan in Basel heimisch; dann trat Froben das Erbe Amerbachs an, und Erasmus kam. Wie dies Alles einen Wendepunkt schuf in der Basler Geistesgeschichte, so besonders im Verhältnisse Basels zum Elsaß. Eine neue Machtverschiebung geschah. Das stets überlegen gewesene Basel wurde jetzt zur unbedingt herrschenden Humanistenstadt. Seine große oberrheinische Funktion, die durch den Bund von 1501 Vieles im Politischen eingebüßt hatte, wurde auf geistigem Gebiete in der edelsten Weise gestärkt.

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 191. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/212&oldid=- (Version vom 1.8.2018)