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einen guten Tisch, dem es nie an Gästen fehlt und der wohl manche fröhliche Tafelrunde erlebt, da man bei vollen Bechern bis in die zweite und dritte Nachtwache disputiert. Rhenan nimmt dort zu Zeiten die Kost; auch Pensionäre werden angenommen, wie z. B. der junge Zürcher Joachim Göldli. Mitten in dem Treiben aber steht als holdselige Figur, die Freude Aller, die durch den guten Bürer so begeistert geschilderte Elisabeth Lachner.


Zum Bilde der Sodalitas gehört ihr Mangel an Stabilität. Erasmus ist wiederholt von Basel abwesend. Glarean bleibt Jahre lang in Paris hängen. Rhenan wohnt 1519/20 in seiner Heimat Schlettstadt. Bär hält sich oft in Thann auf. Bei den vielen andern aber ist ein beständiges Kommen und Gehen; die humanistische Beweglichkeit sorgt dafür, daß Wechsel ist und keine Erstarrung.

Wir empfinden dies als Äußerung von Kraft und Freiheit. Die ganze Gesellschaft macht überhaupt den Eindruck der Frische, ja der Jugendlichkeit; neben Erasmus Froben Bär Capito, die früher geboren sind, haben wir lauter Söhne der 1480er und 1490er Jahre vor uns.

Mit Ausnahme Pellicans sind keine Kutten dabei und nur einige Weltpriester. Sonst durchweg Profane. Diese Wissenschaft ist von der Kirche emanzipiert.

Wenige edel Geborene, durch Geist und Gelehrsamkeit einen besondern Adel behauptend, sind da; im Übrigen bilden Bürger und Bauern die Schar.

Aus den verschiedensten Ländern finden sie sich zusammen, und es können landsmannschaftliche Gruppen entstehen. Den Elsässern Rhenan Klett Pellican Cratander Capito Angst Utenheim stehen die Franken und Schwaben Froben Petri Lachner Wattenschnee Resch Ökolampad Nepos gegenüber; zu den feinern Städtern und Rheinländern stoßen die Schweizer Glarean Myconius Carinus Fontejus Bürer Artolf.

Versehung von Pfründen und kirchlichem Amt, Versehung einer Professur, Schulmeisterei, Betrieb einer eigenen Lehranstalt, Arbeit im Buchgewerbe, — solcher Art sind die Berufe. Die Wenigsten haben Unabhängigkeit und freie Stellung.

Aber alles persönlich und örtlich Bedingte tritt zurück hinter der allgemeinen Beziehung. Daß in dem Verhältnisse zu aller Welt eine zweite und reichere Existenz für jeden Einzelnen dargeboten ist, zeigen die den Kreis der Sodalität unaufhörlich bewegenden Besuche, zeigt die Korrespondenz, die eine Gegenwart von Hunderten heranbringt. Alles aber durchdringend und verbindend, der Sichtbarkeit ewig enthoben, sind die großen wissenschaftlichen

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 209. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/230&oldid=- (Version vom 1.8.2018)