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nicht stehen bleiben. Er dringt weiter bis dahin, wo die griechischen Wurzeln jener griechisch-römischen Kultur sind, und in Herrlichkeit tut sich ihm nun die neue Welt auf.

Wir beachten die Eigenart dieser humanistischen Beschäftigung mit dem Griechischen. Sie kann von vorneherein auf keine Allgemeinheit und Weite der Wirkung rechnen. Wie das griechische Altertum an sich fremder und unbegreiflicher ist als das römische, so vermag auch dieses griechische Studium den dem Humanismus angeborenen lateinischen Charakter nicht zu überwinden.

Johann Reuchlins Gestalt ist verbunden mit dem Beginne griechischer Wissenschaft in Deutschland, und Basel der Ort dieser Berührung. „Nicht bei den Joniern und nicht in Griechenland habe ich mein erstes Griechisch gelernt,“ sagt Reuchlin, „sondern in Basel bei Andronikos Kontoblakas.“ Dann folgt hier eine Pause. Aber zu der Bildung, die Johannes Amerbach seinen Söhnen verschaffen will, gehört das Griechische; in Paris, wo noch das Andenken Bessarions lebendig ist, wo Hermonymos und Tissardus lehren, legt Bruno Amerbach den Grund zu seinem später so berühmten Graecismus. Dann beginnt die wichtige Tätigkeit des Johannes Cono in Basel; sein Auftreten hier als Lehrer des Griechischen ist ein Ereignis, das weithinaus zu reden gibt und Hoffnungen weckt. Neben Bruno Amerbach ist Rhenanus ein Schüler Conos; wir sehen, wie leidenschaftlich er jetzt hier das schon in Paris ihm bekannt gewordene Studium erfaßt, den lepor atticus bewundert, und sich durch die griechische Grammatik weiterbildet, die sein Freund Michael Hummelberg verfaßt hat. Er ist auch der Erbe Conos und erhält dessen handschriftlichen Nachlaß, darunter Kollegienhefte von Musurus in Padua. Mit diesen Schätzen und im Andenken an den Lehrer arbeitet er weiter. Aber zur gleichen Zeit ist noch ein andrer begeisterter Grieche in Basel, der Niederländer Gerhard Lister, der mit Bonifacius Amerbach zusammen Griechisch treibt; „wie die Bienen fliegen wir auf den bunten Wiesen der Wissenschaft umher und schwelgen bald in den Gärten der Philosophen, bald auf den Auen des Hesiod und Theokrit, bald am homerischen Quell.“ Auch Glarean setzt hier das in Köln begonnene griechische Studium fort. Durch Erasmus vollends wird griechisches Wesen in Basel mächtig gehoben. Sein Wissen, seine Publikationen sind von Einfluß. Er wirkt nicht nur mittelbar durch Uebersetzungen griechischer Schriftsteller; er veröffentlicht auch die griechische Grammatik des Gaza und ediert den Urtext des Neuen Testamentes.

In solcher Weise begründet sich aufs Neue die Bedeutung Basels für das griechische Studium in Deutschland.

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 216. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/237&oldid=- (Version vom 1.8.2018)