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Hieronymus Zscheckabürlin gewesen ist, so erzieht jetzt Capito den Hartman von Hallwil, Nesen die jungen Stallburger, Ökolampad die pfalzgräflichen Prinzen. Überall ist Unterrichten Bilden Vorwärtsbringenwollen. Wie fest die Humanisten an die Bedeutung der Schule glauben, verraten sie oft genug; Erasmus stellt das Amt eines Schulvorstehers der königlichen Würde an die Seite. Und von den Privatvorlesungen Ringmans, von den amerbachischen Hauskursen des Cono und des Adrianus an überschauen wir diese ganze Bemühung, wie sie sich am eindrücklichsten offenbart in den privaten Lehranstalten, den Pädagogien und Konvikten der Lister Artolf Klett Fontejus Nepos Glarean.

Lauter Interna, aus denen wir nur zu wenig erfahren. Aber wir dürfen vermuten, daß jedes geistige Erlebnis der Sodalitas, ja der humanistischen Welt überhaupt auch in solche Lehrstuben hineinwirkt. Da ist Alles elastisch, frei von der Härte und Pedanterie akademischer Bursen, anziehend durch die Neuheit des Lehrstoffes wie der Methode. Da bilden sapientiaund eloquentia die große einheitliche Macht, nach der Jeder strebt. Da werden auch die Grazien herbeigerufen zu den Musen. Da wird nicht nur Wissen gelehrt, da werden auch Gefühl und Urteil und Geschmack erzogen, da wird zu guter Sitte, zu Reinlichkeit, zu Höflichkeit angeleitet. Alles mitten in der Stadt des „ungestümen Lebens“ und umgeben durch die grobianischen Gewohnheiten des Zeitalters.

Die Wirkung solchen Treibens auf Universität und Stadtschulen werden wir noch zu erwähnen haben. Sie verdient aber schon hier in ihrer allgemeinen Wichtigkeit gewürdigt zu werden: als Streben, die Menschen zur Humanitas zu erziehen, als eine die Bildung des Bürgertums erweiternde und erhellende Kraft. Wir denken an das hinter dieser Pädagogik Liegende, an den Enthusiasmus, der Alles belebt, an das Überzeugtsein von der absoluten Güte dieses Wollens und Wirkens. Was sich so mit dem Verlangen nach Leitung der gebildeten Welt in den verschiedensten Formen und Dimensionen bewegt, was Traktat Lehrbuch Schulanstalt Unterricht ist, bildet als Ganzes und Einheit eine Propaganda, in der wir eine der stärksten Äußerungen des Humanismus zu sehen haben.


Wir fragen nach dem Verhältnis der Humanisten zu Religion und Kirche.

Wenn vor Jahrzehnten die Basler Humanisten in der Mehrzahl sich zum Realismus bekannten, so entspricht dem jetzt die Haltung ihrer Nachfolger.

Die namhaftesten Figuren unsres Kreises erweisen sich als religiös gerichtete, sittenstrenge Männer, und ihre Äußerungen bezeichnen den weiten

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 245. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/266&oldid=- (Version vom 1.8.2018)