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Wie eine völlig verlorene Zeit erscheint dem Humanisten, der sich vordem mit der traditionellen Schulweisheit beschäftigt hat, jeder hierauf verwendete Tag. Um so leidenschaftlicher äußert er sich über die noch immer jene Weisheit Lehrenden.

Sophisten und Mönche sitzen in nächster Nähe unserer Humanisten auf den Lehrstühlen der Universität, dieser Anstalt, die erst ein halbes Jahrhundert alt ist und doch, mitten in der Herausbildung neuer Dinge, in so Manchem schon wie ein zurückgebliebenes Stück früheren Zustandes aussieht.

Das Gefühl dieses Gegensatzes lebt hüben und drüben; es kann geradezu Haß werden. „Mit hochmütig gehobenen Brauen“ blicken die Universitätsherren Fininger Wonnecker Gebwiler Mörnach u. A. auf die Gegner herab. Diese klagen bitter, daß sie sich untergeordnet durchs Leben schlagen müssen, während jene nebulones, jene Windbeutel und Dunstmacher, in lauter Prosperität leben.

Aber die wichtigen Grenzjahre, die uns aus der amerbachischen in die froben-erasmische Zeit geführt haben, bringen Kräfte für Besserung auch dieses Verhältnisses.

Dabei ist vorerst an Ludwig Bär zu denken und an den Einfluß dieses mächtigen Mannes auf Universität und Rat. Dann aber an die Vieles überwindende Wirkung eines Menschen wie Glarean.

Dieser Gelehrte, als poeta laureatus mit besonderen Ansprüchen begabt, macht schon durch sich selbst Eindruck. Sofort nach seiner Herkunft von Köln 1514 erhält er die Befugnis zum Betrieb einer Burse und durch die Aufnahme in das Magisterkonsortium der artistischen Fakultät die Befugnis zum Dozieren. Eine neue Figur, eine völlig frische und ungewohnte Kraft tritt mit ihm in die akademischen Zirkel ein. Auch Capito hält von 1615 an Vorlesungen.

Wir wissen, daß gleich Glarean noch andere Humanisten Lehranstalten betreiben, und jede solche private und im neuen Geiste geführte Schule kann durch die Professoren als Herausforderung empfunden werden. Die Schüler sind meist inskribierte Scholaren der Universität, aber Lehrgang und Methode vom offiziellen Brauche verschieden.

So werden Konflikte unausweichlich. Wir vergegenwärtigen uns gerne diese Jahre, da die Gegensätze das bewegteste Leben schaffen. Am meisten natürlich um den starken und rücksichtslosen Glarean her. Seine Streitigkeiten mit akademischen Kollegen, sein Widerstreben gegen bestehende Ordnungen, erregen ein Semester nach dem andern. Die berühmt gewordene

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 248. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/269&oldid=- (Version vom 1.8.2018)