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wohlgelehrte Meister, der freien Künste Meister. Auch der Schwertfegerssohn Mathis Heckel, der selbst einst diesen Beruf treiben soll, immatrikuliert sich bei der Universität. In Paris studiert Martin Isenflam, und an den dortigen offiziellen Freiplätzen finden wir den Burkart Schlegel, den Antoni Silberberg, Martins des Kochs zum Bock Sohn u. A. m.

Wie der neue Geist in alle Kreise fährt, zeigt sich unaufhörlich. Der Goldschmied Stoffel Osterwald besitzt nicht nur die große Schedelsche Chronik und das Büchlein vom Eulenspiegel, sondern auch den Livius. Beyels Sohn wird Ulpian getauft. Die Altarstiftung der Witwe von Brunn 1514 hat noch ein anderes Ziel als die Devotion; die Donatorin ist der Meinung, daß nur Solche zum Seelenheil unterweisen können, die auf der Universität gelernt haben, und stiftet ein Stipendium in der Theologenfakultät; der jeweilige Stipendiat soll dem Altare dienen.


Eine einzelne Vollfigur endlich bringt zur Anschauung, was diese Zeit aus einem Städter machen kann. Das ist Rudolf Huseneck.

Er versieht die Stelle eines der Amtleute am Stadtgerichte; daneben scheint er auch als freier Anwalt von Parteien aufzutreten. Zu Allem fähig, läßt er sich Fälschungen zu Schulden kommen und muß 1512 Amt und Stadt verlassen. Doch geht er keineswegs unter. Geschicklichkeit und Menschenkenntnis helfen diesem elastischen Menschen sofort. Er wird Bürger von Straßburg, verkehrt mit Edelleuten und hohen fürstlichen Beamten, ist überall wohl gelitten als „Herr Rudolf von Huseneck“. Auch mit Basel tritt er wieder in Beziehungen und wird Agent des Rates, dem er Informationen besorgt.

Auch in Anderem zeigt sich seine Besonderheit. Schon der Besitz, in den Häusern Husenecks an Weißer Gasse und Streitgasse aufgehäuft, ist für einen Kleinbürger, einen Gerichtsamtmann ungewöhnlich. An der Spitze der reichen modischen Ausstattung stehen die Kostbarkeiten und Kunstsachen, Gemälde Statuen Münzen Edelsteine. Natürlich fehlt nicht eine Sammlung musikalischer Instrumente. Anziehend ist auch die große Bibliothek. Neben Pandekten und Dekretalen finden sich da die kaiserlichen Landrechte, der Laienspiegel, der Sachsenspiegel, das Weichbildrecht, die Bamberger Halsgerichtsordnung. Aber auch Schedels Chronik, der Ritter vom Turn, die cento novelle antiche, die Translationen des Niclaus von Wil, Melusine und Hug Schapler, und in zahlreichen Bänden Caesar Ovid Livius Aristoteles, ferner Boccaccio Balla Panormita Filelfo usw. Speziellern Interessen dienen ein deutsches Herbarium und ein altes Büchlein vom Baumzweigen, sowie mehrere Werke über Geometrie und Astrologie nebst dem messingenen Astrolabium,

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 259. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/280&oldid=- (Version vom 1.8.2018)