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Alles drängt, seit Jahrzehnten, dem Siege der Zünfte zu. Aus ihrem Kreise kommen jetzt die Gewaltigen, denen die Zeit beinahe völlig gehört.

Diese sind die Unternehmenden und Erfolgreichen im Handel, die ehrgeizigen Kaufherren, die Regenten. In ihrem ganzen Wesen von der Macht der Zeit durchdrungen und getragen. Von Geschlossenheit des Kreises ist natürlich keine Rede. Er wächst, er schwindet, er rekrutiert sich von unten herauf und von außen herein. In solcher Weise wogend und schimmernd ist in kurzer Zeitspanne vor uns ausgebreitet die Mannigfaltigkeit der Bär Wiler Oberriet David Meyer Falkner Rieher Jungerman Gallizian Lombard Holzach Winter u. A.

Diese Namen kehren mit einem ihnen eigenen Klang in den Akten Chroniken usw. immer und immer wieder. Und zu diesen gehobenen Zünftlerfamilien treten, weniger häufig aber stets von eindrücklicher Geberde, die durch Lebensart und Geschäfte den Zunftgewaltigen mehr oder minder angeglichenen Edeln und Patrizier. Das Ganze, so verschiedenartige Menschen es umfaßt und so sehr Diese hierhin, Jene anderswohin gerichtet sein mögen, ist doch eine im Großen einheitliche Erscheinung: die aus Zunftherren Achtbürgern und Adligen sich bildende Gesellschaft.


Was Sichart von den Nürnbergern schreibt, daß in Folge ihrer Handelsfahrten Nichts auf Erden der Stadt verborgen bleiben könne, das gilt in gewissem Maß auch von den Menschen unserer Gesellschaft. In ihr ist dasjenige Basel beisammen, das international lebt. Am meisten gilt Solches von den Kaufleuten. Wir begegnen ihnen in Venedig und an der Nordsee. Wegen ihrer Absenzen auf Geschäftsreisen ist zu Zeiten der Rat oder ein Zunftbott nicht beschlußfähig. Wie Melchior Hütschi hier der Agent des Florentiners Raffael Torresani ist, so vertritt Heinrich David die Welsergesellschaft von Augsburg. Dieselben Männer haben aber auch die zahllosen Gesandtschaften des Rates zu besorgen, sie sitzen für Basel an den Tagsatzungen, sie sind Hauptleute und Fähnriche bei den Kriegszügen. Lorenz Sürlin und Friedrich von Eptingen suchen Stellung am herzoglichen Hof in Mailand. Auch an den Besuch fremder Universitäten, an die Aufwartung bei der römischen Kurie, an Kriegsdienst im Auslande haben wir zu denken.

Die Wirkung eines so reichen Weltverkehrs auf die Gesellschaft ist nicht zu ermessen. Er gibt ihr jedenfalls das Unbefangene und Vorurteilslose. Sie ist auch im Eigenen aller Welt geöffnet durch Verwandtsein mit Auswärtigen, durch Niederlassung fremder Herren in Basel, durch die Herkunft

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 285. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/306&oldid=- (Version vom 1.8.2018)