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sind nicht selten; Barbara David, Tochter des Wechslers und Ratsherrn Konrad, hat fünfmal geheiratet. Adelberg Meyer schließt als Sechziger seine dritte Ehe und wird noch Vater mehrerer Kinder. Aufzeichnungen wie die der Offenburg führen uns mitten in die Bewegung eines solchen Familiendaseins mit unaufhörlichem Kirchgang und Gebären.

Wir beachten auch das durchaus Städtische der Gesellschaft im Ganzen, das ein Gegengewicht ist zur Weltweite des Kaufmannslebens und sich auch geltend macht sowohl der Rauhheit des ländlichen Edelsitzes gegenüber als der abgestuften und zeremoniösen Art des Fürstenhofes mit seinen Abhängigkeiten. Hier ist Jeder soviel wie der Andre, lebt Jeder von der Stadt. Zum Bürgerrechte der Achtbürger und der Zunftherren fügt sich in gleicher Güte und Geltung dasjenige der Edeln von Eptingen, von Rotberg u. A. Ähnlich ist das Wohnungnehmen von Adligen in Basel; das sind die edeln Hintersassen, die dem Behagen des Stadtlebens nachziehen, gleich andern Einwohnern dem Schultheißengericht unterstehen und die öffentlichen Lasten mittragen sollen. Wie sie im Übrigen nur gesellschaftlich hier leben und ihre Zeit hinbringen, zeigt statt vieler Einzelheiten die eine kleine aber häufige, daß solche vornehme Nichtstuer — Bernhard von Klingenberg, Jacob Reich, Hans Truchseß von Wolhusen u. A. — bei Contracten u. dgl. von siegellosen Bürgern sich als Gefälligkeitssiegler brauchen lassen und ihre adligen Wappen an die bürgerlichen Pergamente hängen. Solche Herren können etwa auch hier, in der einstigen Heimat, ihr Ende finden, wie Ritter Friedrich zu Rhein, weiland Bischof Caspars Bruder, dessen Nachlaß 1508 hier gerichtlich versteigert wird, wobei nach Deckung der Schulden ein Schilling und neun Pfennige in bar und der zu hoffende Erlös aus dem noch unverkauften Turnierzeug übrig bleiben.

Es fällt schwer, in Kurzem das Wesen dieser Gesellschaft zu fassen und eine Erscheinung zu beurteilen, die Kaufherren Kapitalisten Ratsgewaltige Schloßvögte Ritter Landjunker Stutzer in sich schließt. Neben viel Alltäglichem werden uns auch extreme Zustände und gesteigerte Stimmungen gezeigt. Durch Wimpfeling und Capito z. B. in Briefen an junge Herren von Bärenfels und Hallwil, wo sie, jedenfalls im Zusammenhange mit der damals üblichen allgemeinen Diskussion über den Adel und mit Seitenblicken auf Basler Zustände, die Fehler dieses Standes rügen: den Aufwand, die Trunksucht, die Arroganz, den Venusdienst. Es ist ein Bild des ritterlichen Typus, demgegenüber wir die Lobpreisung des jungen Egolf Offenburg durch Glarean anhören mögen. Aber es gibt auch Ratsakten über die argen Liederlichkeiten des Lorenz Sürlin sowie merkwürdige Nachrichten von

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 288. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/309&oldid=- (Version vom 1.8.2018)