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Junker Jacob Iselm, dem Farnsburger Landvogte, der im Verdachte steht, das Schloß an Österreich verraten zu wollen, und zuletzt wegen Kornunterschlagung bestraft wird; sowie von Hans Lombard, der wegen Münzbetrügerei seiner Ehrenämter verlustig erklärt werden muß. Eindrücklich ist auch das Bild der Familie Zscheckabürlin mit ihrer ungewöhnlich bunten Figurenfülle, vom Geschäftsherrn und vom einheiratenden Edelmanne bis zum Karthäuserprior und zur galanten Dame. So mannigfaltigen Einzelerscheinungen Raum gebend bewegt sich diese Gesellschaft auf ihre eigene Weise. Sie kann ihre Berührungen haben mit dem vornehmen Hofhalte Mörsbergs in der Dompropstei, und ohne Zwang fügen sich in sie auch Gestalten wie „der wälsche Graf“, ein junger Trivulzio, der 1506 eine Baslerin zu entführen versucht, wie der zu Besuch kommende Kardinal Schmer, wie Herzog Ulrich von Württemberg, wie die Tiersteiner Gräfin Margaretha, die gerne junge Basler als Pagen um sich hat.

In der ganzen Erscheinung ist mehr Durchschnittsmäßiges als Großes, sie geht mehr in die Breite als in die Höhe. Es ist ein Leben, das wir uns farbig genußreich, auch leidenschaftlich, auch rücksichtslos zu vergegenwärtigen haben.

Über dem Behagen aber ist das eigenartig Kräftige und die besondere Fähigkeit manches Genossen des Kreises nicht zu vergessen. Und zu vergessen ist auch nicht, wie viel schwere Arbeit, wie viel Sorge und Aufregung hinter diesem Genießen liegt, in einer Zeit die Gewaltiges fordert.

Dem Haß und Angriff der Niedern Zünfte ausgesetzt verteidigt diese Gesellschaft ihren Rang, ihr Recht, ihre politische und wirtschaftliche Art, so lange sie kann. Sie hält die engen Anschauungen jener andern nach Möglichkeit nieder und vom Entscheid öffentlicher Dinge fern.

Wenn das Glänzende und Begeisternde dieser Zeit Basels gerade auf der Freiheit vom Orte selbst, auf dem Verbundensein der Stadt mit aller Welt ruht, so ist das Gefühl hievon vielleicht am lebendigsten bei den Männern dieser Gesellschaft. In ihren Reihen sind die Führer der städtischen Politik. Wie ihre Väter die Universität geschaffen haben, so gewähren sie jetzt den Gelehrten und Druckern die schöne Freiheit der Bewegung. Sie sind von Bedeutung für die Künste. Sie geben Aufträge und lassen dabei auch sich und die Ihren neben die himmlischen Gestalten malen. Ihnen selbst, dem Jacob Meyer, dem Hans Oberriet, lohnt der Künstler, in dem er ihnen Teilnahme gibt an der Unsterblichkeit seiner Werke. Von ihm geschildert stehen sie vor uns wie sie gewesen, in ihrer wenig vornehmen Erscheinung, doch unverkennbare Herren, fähig, stark, des Lebens froh und gewiß, im Gefühl ihrer Macht.

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 289. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/310&oldid=- (Version vom 1.8.2018)