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Streit der Plebs mit Edeln und Achtbürgern. Wie es hiebei zugeht, kann ein Vorfall von 1505 zeigen. Da wird der Dreizehnerherr Heinrich Einfältig aus dem Rate getan, weil er zu sehr „gebollen“ hat; er und seine Freunde Hans Plarer, Hans Steinacher u. A. schreien, daß die Zeit kommen müsse, da auch sie zu den Dingen sehen; eines schönen Tages werde die Gemeinde regieren und nicht der Rat.

Aber wir können hier nur auf die Gesamterscheinung achten, nicht auf Besonderheiten.

Träger der Opposition sind nicht die im Großen Rate vereinigten Zunftvorsteher, sondern die Zunftgemeinden selbst, und nicht allein sie, sondern noch Viele, die sich außerhalb der zünftischen Körperschaften rühren. Die „Gemeinde“ im Sinne der gesamten Bevölkerung, die große Menge, das „vielköpfige Ungeheuer“.

Wie die Masse damals in vielen Städten des Reiches gegen die regierenden Geschlechter aufsteht, wie rebellischer Geist auch die Bauernschaften emportreibt, so regt sich in Basel immer mehr die Opposition aller irgendwie Eingeengten und Gedrückten, aller nach ihrem Gefühle Benachteiligten wider die bestehenden Mächte. Sie kämpft unter dem Schlagworte vom gemeinen Nutzen. Es ist dasselbe Verlangen nach Sprengung alter Bande, das den Humanismus begeistert, Priester und Mönche schmäht. Handelsherren und Kapitalisten angreift. Mit der tiefen Empfindung, daß die sozialen Zustände geändert werden sollten, verbindet sich vulgäre Respektlosigkeit gegenüber Eigenartigem und Erlesenem. Aber in dieser gewissermaßen allgemein begründeten Opposition gähren auch spezielle Erregungen, die Unzufriedenheit mit der großen Politik der Stadt, das Mißtrauen gegen die Machthaber, die Bündnisse schließen. Jahr um Jahr das Volk auf die Schlachtfelder schicken, in ergebnislosen und teuren Territorialplänen sich ergehen.

Haß und Gier von allen Seiten her drängen zu revolutionärer Unruhe. Ihre erste Kraftprobe geschieht auf dem Gebiete der Stadtwirtschaft.


Der Kampf des Handels mit dem Handwerk dauerte schon lange. Vom Nebeneinander und Widereinander dieser beiden Mächte nährte sich von je her das wirtschaftliche Leben der Stadt.

In den 1490er Jahren hatte das Handwerk über die Kleinhändler gesiegt, noch nicht auch über die Großhändler. Jetzt, dreißig Jahre später hatte es die Gunst der Zeit und die Kraft, das damals nicht Vollbrachte nachzuholen.

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 306. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/327&oldid=- (Version vom 1.8.2018)