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Karlstadt und Justus Jonas Eheweiber genommen hätten. Vom Bodensee kamen Alarmberichte über einen Bund der Ritterschaft zur Verteidigung evangelischer Lehre. Im Juni weilte hier Balthasar Hubmaier aus Waldshut, dann im Juli der südfranzösische Minorit Franz Lambert. Von Zürich her, wo er mit Zwingli disputiert hatte, kam er auf seinem Esel eingeritten, „ein langer gerader Mönch, der kein Wort Deutsch versteht“, durch Agrippa an Cantiuncula empfohlen. Er rühmte sich seines Zürcher Disputiersieges, während Zwingli ganz Andres meldete. Flink, wie er gekommen, ging der Redemächtige Vielgeschäftige wieder; er reiste nach Wittenberg zu Luther. Dann im September kamen Hinne Rode und Georg Sagan, im November drei illustre Flüchtlinge: Ulrich von Hutten, Hartmut von Kronberg, Johann Ökolampad.

In den zwei Adligen zeigten sich Führer jener, den Baslern bekannten, ritterschaftlichen Bewegung, bei der das Bekenntnis zur Sache Luthers, der Haß auf Rom und die Pfaffen, die Opposition gegen das Fürstentum sich verbunden hatten. Aus dem Zusammenbruche dieses Unternehmens retteten sie sich nach Basel.

Von den Beiden war Hutten die merkwürdigere Gestalt, sein Name hier schon früher oft genannt. Jetzt wohnte er im Gasthause zur Blume, unter dem ihm gewährten Schirme des Rates. Mit Glarean verkehrte er, auch der Sachse Heinrich von Eppendorf traf ihn, aber sein ehemaliger Gönner Erasmus wich ihm aus, dem Bonifaz Amerbach erschien er als ein Catilina.

Anders geartet als dieser unstäte, in Leidenschaften verbrauchte Mann war der Kronberger. Ohne Geist und Glanz, ohne Gelehrsamkeit, ein guter, mit ganzer Seele an Luther hängender Edelmann. Dem Erasmus gefiel er; Glarean meinte, noch nie ein so friedsames Ertragen des Unglückes erlebt zu haben. Kaum im Asyle Basel aufatmend, nahm Hartmut die ihm eigene Schriftstellerei der offenen Briefe wieder auf; er verfaßte ein Sendschreiben an die Eidgenossen.

Die beinahe gleichzeitige Ankunft der Drei in Basel erregte Aufsehen. Jacob Meyer zum Hasen schrieb einem Luzerner Freunde, man sei hier darauf gefaßt, daß nach Kurzem auch Melanchthon kommen werde „und alsbald der Luther selbs“; die ganze Stadt werde rasch zu Diesem abfallen.


Die evangelische Bewegung in Basel war zunächst nur Unruhe. Ein Gähren. Ein Suchen. Keine festen Formen des Handelns waren da, keine klaren Ziele, kein Plan. Vor Allem kein leitendes Haupt. Um so zuversichtlicher konnten die Gegner sich regen.

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 330. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/351&oldid=- (Version vom 1.8.2018)