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In Luzern, das jenen Alarmruf des Jacob Meyer vernahm, gab in denselben Tagen eine von Basel kommende Schrift viel zu reden, betitelt „eine treue Ermahnung an die Eidgenossen, daß sie nicht, durch ihre falschen Propheten verführt, sich wider die Lehre Christi setzen“; ihr Verfasser war Sebastian Hofmeister. Die in ihr den Luzernern gemachten Vorwürfe wurden von Rat und Predigerschaft als Schmähung empfunden. Luzern erhob Klage bei Basel. Adam Petri, der das Büchlein gedruckt hatte, wurde vom Basler Rat in Haft genommen; die Untersuchung der Sache sowie die Verhandlungen mit Luzern zogen sich bis in den Sommer 1523. Das Ende war, daß Petri die Beleidigungen widerrufen, vierhundert Exemplare des Widerrufs nach Luzern liefern und zweihundert Gulden Buße zahlen mußte.

Des Friedens wegen und um Luzern gefällig zu sein, erwies Basel dies Entgegenkommen. Wir haben auch daran zu denken, daß damals, im Dezember 1522, die Tagsatzung ihre Beschlüsse gegen „das neue Predigen und die neuen Büchlein“ faßte, sowie daß in Basel selbst die Partei der Altgläubigen sich sammelte und erhob. Zunächst wider die neu hereingekommenen Führer der Reform. An Ökolampad war ihr Alles ein Ärgernis: seine wissenschaftliche Überlegenheit, seine Apostasie vom Mönchtum, seine Schriftstellerei in der Art der Abhandlung über die Beichte, seine Freundschaft mit dem Pfaffenfeind und Räuber Sickingen. Auch dem Hutten gehörte der Haß dieser Leute, und es ist bezeichnend, daß der überall Vertriebene sich jetzt auch hier nicht mehr sicher fühlte. Er verließ schon im Januar 1523 Basel und zog weiter, zunächst nach Mülhausen.

Zentrum dieser Reaktion war die Universität. Schon beim Vorgehen gegen Lüthart und Reublin war sie an der Spitze gewesen, jetzt schritt sie weiter. Leider in unwürdiger Weise. Da Bär und Cantiuncula sich zurückhielten, ließ sie den alten Wonnecker Vormann sein. Er war Rektor des Wintersemesters 1522/23 und hatte seine Einschreibungen in der Matrikel mit der Wehklage darüber begonnen, daß dieser Thüringer Martin Luther alle kirchliche Ordnung samt den Stühlen ehrwürdiger Weisheitslehrer zu erschüttern vermöge. Jetzt am Weihnachtstage schlug Wonnecker Thesen an mit der Einladung zu einer Disputation. Ein Aktenstück der seltsamsten Art, in seinem Schwulst ungebräuchlicher Worte und Bilder kaum zu verstehen. Glarean spottete, und auch draußen machte man sich über die „seraphische“ Kundmachung des Basler Rektors lustig. Aber Ökolampad besorgte, daß die Gegner sich den Sieg zuschreiben würden, wenn Keiner der Evangelischen an der in solcher Weise inszenierten Posse teilnehme.

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 331. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/352&oldid=- (Version vom 1.8.2018)