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Ein zweiter Ratsbeschluß desselben Tages entzog den vier Professoren Wonnecker Gebwiler Fininger Mörnach ihre städtischen Besoldungen.

Ein dritter ernannte Pellican und Ökolampad zu Lehrern der Theologie an der Universität.

Der Verlauf dieser Sache ist nicht durchaus erkennbar, die Schroffheit der schließlichen Lösung auffallend. Dem Rate schien jedenfalls geboten, auf die Sympathien großer Teile der Bevölkerung für Pellican und Lüthart Rücksicht zu nehmen; überdies bestand bei Einzelnen des Rates von den Arbeiten der Universitätsreform her eine gereizte Stimmung gegen die „Veteranen“ dieser Anstalt, wozu jetzt noch die Diskreditierung Basels und der Universität kam, die man Wonnecker und Gebwiler verdankte. Das Maß wurde voll durch die Intriguen dieser selben Männer, sodaß der Rat handelte. Nicht in irgend einem Zusammenhange mit der reformatorischen Bewegung, sondern um Ruhe und Ordnung zu wahren und seine Macht zu zeigen. Zuerst wurden die unruhestiftenden Mönche beseitigt, dann die untauglich gewordenen Dozenten abgeschüttelt. Die Erteilung eines Lehrauftrages an Pellican sodann war Rehabilitierung des unbillig Angefochtenen und gab ihm die Möglichkeit, aus dem Ordens- und Parteiwesen auszuscheiden und der wissenschaftlichen Arbeit zu leben, für die er geschaffen war. Die Wahl Ökolampads endlich, der schon seit einigen Monaten privatim Vorlesungen hielt, war Anerkennung seines Gelehrtenrufes und Verwertung einer der Stadt von früher her vertrauten Kraft.


Wir halten inne zu einem Überblick.

Eine an Gehalt alle bisherigen Reformen und Revolutionen weit übertreffende Bewegung sehen wir. Ein Etwas tritt in die Stadtgeschichte ein, das alles Leben zu beherrschen beginnt. Eine vordem möglich gewesene Ruhe ist von da an vorbei für immer, und man findet sich in einem Kreise neuer Ideen und Gestalten, aus dem kein Entrinnen ist.

Bis dahin hat die Kirche durch die urtümlichen und populären Elemente ihrer Lehre und ihres Kultus die Bedürfnisse eines großen Teils der Menge befriedigt. Aber das gesetzmäßig Zwingende dieser Religion sowie die Hierarchie samt Allem, was fremd hinderlich und würdelos ist, wird von Vielen widerwillig geduldet. Auch hierüber hinaus noch besteht ein Suchen Vieler nach einer innerlich erneuerten Kirche. Und zudem sind viele Andre, die unter Lasten und Leiden auch profaner Art dulden, in solchem Drucke bereit, jedem Rufe zur Freiheit Folge zu leisten.

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 333. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/354&oldid=- (Version vom 1.8.2018)