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Luther erlassene Bannbulle veröffentlichen. Wand an Wand auch mit den Mönchen, die er als Feinde seiner Studien haßt, die auch Feinde jeder kirchlichen Reform sind. Seine Stimmung ist lauter Erregtheit, aus der er sich zuweilen erhebt, in großen Bekenntnissen seine Gesinnung und das Werk seines Lebens darlegend.

Daneben treibt die Macht der Erscheinung Luthers ihn zum Handeln. Deutlicher als je hat er das Bewußtsein des ihnen Beiden Gemeinsamen, offenbart sich ihm Luther als ein Helfer der Welt.

Mitten unter bösartigen Gegnern lebend, in der hochgesteigerten Empfindung dieser Jahre, fühlt sich Erasmus getrieben, auch seinerseits und auf seine Weise an dem großen Streite teilzunehmen und die Sache Luthers, soweit sie auch die seine ist, mit allen Kräften zu fördern. Er glaubt fest an die Möglichkeit einer gütlichen Beilegung des Streites und müht sich für eine solche. Er arbeitet durch Flugschriften, durch Briefe, durch Verwendung bei politischen und kirchlichen Machthabern. Es ist eine großangelegte Vermittlungsaktion. Aber Luther selbst stört sie durch heftiges Vorwärtsstürmen, und wie Erasmus sich hiedurch gehemmt sieht, so in seiner eigenen Nähe bedroht durch seine Gegnerschaft. Die schon lang ihm mißtrauenden Feinde erheben sich und wollen seine wahre Gesinnung nicht mehr länger in Frage lassen. In Löwen predigen die Mönche wider ihn; die Theologen stoßen ihn aus der Fakultät, Aleander fordert ihn auf, offen Partei wider Luther zu bekennen; auch am kaiserlichen Hofe wird er verdächtigt. Bis er zuletzt an seine Sicherheit denken zu müssen glaubt. Ende Oktobers 1521 weicht er aus Löwen, seine Reise geht zum Teil unter dem Schutze Sickingens, das Ziel der Flucht ist Basel.

Im November 1521 trifft er hier ein. Er hat sofort wieder mit Krankheit zu tun und sieht um sich her wieder nichts Anderes als Streit. Unter diesem Drucke, in der auf die Löwener Erregungen natürlicherweise folgenden Abspannung, kann er den Gedanken nicht los werden: „Wie sicher und ruhig lebte man, ehe Luther kam! Desidero veterem securitatem. Was hab ich erzielt? daß ich fliehen mußte, während er in Sicherheit war und Atrozitäten begehen konnte wie die Verbrennung der Bulle. Er treibt zu dem Schisma, das ich habe verhüten wollen; er bildet sich ein, aller Gegner Herr zu werden, und fühlt sich als Deutschen Herkules“. Auch andre Äußerungen zeigen uns, wie Erasmus unter der Zeit leidet, und vor Allem unter seiner eigenen Art. Schwerer als Andern fällt ihm ein Mißlingen; Alles was Aufregung ist und rücksichtsloses rebellisches Gebahren, tut ihm wehe. Und doch möchte er es Allen recht machen, erklärt er,

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 337. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/358&oldid=- (Version vom 1.8.2018)