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sie gebracht, ein Trinkgeld, sonst aber keinen Bescheid, und legt alle die Reichspapiere ganz still auf einen Haufen.

Der Rat, der so verfährt, weiß, wie viel er gegenüber dem Reich und kaiserlicher Majestät sich herausnehmen darf. Gleichwohl ist er sich bewußt, daß ein guter Teil des öffentlichen Rechtes der Stadt auf kaiserlichen Privilegien ruht. Er macht dies auch offiziell geltend, z. B. dem Bischof gegenüber; ja er äußert zuweilen die Besorgnis, daß diese Freiheiten und Rechte ihm durch Revokation verloren gehen könnten.


In einigen großen Richtungen hat sich das politische Leben Basels zu bewegen. Die Stadt ist ein Ort der Eidgenossenschaft, sie ist eine Reichsstadt, sie hat Beziehungen zu Frankreich.

Diesem offiziellen Zustand entsprechen Parteiungen im Volke, die selbständig ihre Wege gehen, eigene Leidenschaften haben, die allgemeinen Zustände in Liebe und Haß des Einzelnen grell reflektieren. In der neuen, 1501 geschaffenen Lage Basels müssen sie sich noch zurecht finden.

Das eidgenössische Wesen ist hier in seinen Anfängen. Wenn es auch die amtliche und öffentliche Anerkennung haben mag, besteht es doch wesentlich durch die Kraft seiner Anhänger. Es ist Sache einer Partei. Neben ihm gibt es noch andere Gruppierungen und Anhänge, gelten altes eingebornes Rheinlandsgefühl, deutsches nationales Empfinden, französische Sympathie. Es ist das Dasein einer großen, vielbesuchten und vieldurchwanderten Grenzstadt, in der das Schweizerische dem Schwäbischen, das Deutsche dem Wälschen gegenübersteht. Alles ist dichtgedrängt beisammen in der Enge des Gemeinwesens, Alles bewegt durch die Unruhe einer leidenschaftlichen Zeit. Wobei jede Meinungsverschiedenheit sofort zur Zwietracht wird, Pfauenfedern, deutscher Trommelschlag neben dem schweizerischen, Lieder und Pamphlete und spöttische Reden Niemanden zur Ruhe kommen lassen.

Zum Zanke der Gasse tritt die literarische Fehde. Der Geist der Gelehrten, denen das Schweizertum Basels als Herrschaft roher Bauern über die Stadt der Musen erscheint, hat schon in Reuchlin wider den Schweizerpöbel gescholten. Brant Tritheim Bebel wissen nicht anders zu urteilen. Jetzt nimmt der junge Augsburger Hieronymus Emser diesen Ton auf. In demselben Basel, wo der Theodorsschulmeister Gregor Bünzli aus Glarus Verse über die „Schwaben“ zum Besten gibt, macht sich der Student Emser durch ein Schmähgedicht wider die Eidgenossen bekannt, „die Feinde Gottes und des Glaubens, die milchsaufenden Schurken;

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 15. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/36&oldid=- (Version vom 1.8.2018)